Predigt zur Konfirmation - Sonntag "Kantate" 1998 (Um das Bild zu sehen, auf das Icon neben "Konfirmationspr. 3" klicken!) Liebe Konfirmanden, liebe Gemeinde! Ein ungewöhnliches Bild ist das - auf den Gottesdienstzetteln, der Gekreuzigte... Aber vielleicht ist das ja noch gar nicht jedem aufgefallen: Der Christus auf diesem Bild hat keine Hände, keine Arme! Weshalb denn das? Fast ein wenig anstößig sieht das aus! Euch Konfirmanden ist jetzt etwas eingefallen. Wie haben wir in unserem Vorstellungsgottesdienst gesprochen?: Christus hat keine Hände, nur unsere Hände, um seine Arbeit heute zu tun... Ach ja, aber das war doch nur so ein Vers, den wir auswendig gelernt haben.. zum Vortragen. Dürfen wir das denn bildlich darstellen: Den Gekreuzigten - ohne Hände??? Ich hab’s gewagt - andere vor mir auch schon. Bei einer christlichen Friedensinitiative hängt solch ein Christus an der Wand des Zentralbüros - sogar als Plastik! - Und was soll das heute, bei der Konfirmation? Ich wünsche mir: Ihr sollt das nie vergessen, dieses Bild und diese Sache: Christus hat keine Hän- de... Vielleicht habt ihr schon einmal gedacht: Ich möchte ja wohl gern ein wenig so leben, wie’s Je- sus getan hat: Böses mit Gutem vergelten, an den Lasten anderer mitttragen und teilen, was man hat. Und dann mußtet ihr erfahren: Guter Wille wird als Schwäche angesehen, wer hilft wird ausgenutzt, wer das Seine teilt, wird für dumm gehalten. Da kommt man schnell soweit: "Sollen doch die andern damit anfangen, mit dem christlichen Leben, mit Nächstenliebe und so... Aber - leider gilt: Christus hat keine Hände...nur unsere Hände! Vielleicht habt ihr’s auch schon mit dem Glauben an ihn versucht: "Ja, Herr Jesus, ich bin gewiß, daß du mein Leben in der Hand hast, daß du mich liebst, mich führst und behütest." Aber dann hat’s die Rückschläge gegeben. Es lief nicht immer glatt. Jemand hat euch enttäuscht. Und dann kamen die Fragen: "Gibt es wirklich einen Gott?" Hat er mich wirklich in der Hand? In Zeiten, wo es euer Glaube schwerhatte, hättet ihr auch einem solchen Wort von Herzen recht gegeben: Christus hat keine Hände! Vielleicht habt ihr zu ihm gebetet: "Wenn ich morgen diese Prüfung habe, dann sei bei mir, daß ich nichts falsch mache." Oder: "Gib doch, daß der Zank und der ewige Streit in unserer Klasse ein En- de hat!" Oder auch so: "Laß mich doch endlich einen Menschen finden, der mich versteht und mich mag." Aber euer Gebet wurde nicht erhört, nicht so, wie ihr es wolltet, jedenfalls. Es war, als ob ihr ins Leere gerufen hättet: Kein Zeichen, keine Antwort, keine auch noch so kleine Hilfe. Da glaubt man’s dann, weil man’s schmerzlich erfährt: Christus hat keine Hände! Wenn das so ist!? Warum dann überhaupt noch glauben, christlich leben und konfirmiert werden? - Wißt ihr eigentlich, was das heißt, "konfirmieren"? - Das bedeutet "festigen", "fest machen". Wenn ich auf die letzten zwei Jahre zurückschaue, die gemeinsame Arbeit mit euch...dann könnte ich sa- gen: Ja, ich wollte euch festigen, fest machen, diese Wahrheit zu ertragen: Christus hat keine Hände! Aber darüber hinaus wollte ich euch einladen, den Satz - von Herzen - weiterzusprechen: ...nur un- sere Hände, um seine Arbeit heute zu tun. Darum ziehe ich heute - bei eurer Konfirmation - auch ei- nen Strich unter die letzten zwei Jahre mit diesem Bild und diesem Gedanken: Christus hat keine Hände! Es soll - um Gottes Willen - kein Schlußstrich sein! Nein, ich würde so gern einen Anfang markie- ren, einen Beginn seiner Arbeit durch euch. Das könnte sich so anhören: Ich möchte leben, wie Jesus es tat. Seine Art mit den Menschen umzugehen, soll mir Beispiel sein: Ich will Liebe üben, treu sein, ehrlich bleiben, auch einmal verzichten, alles zum Guten kehren... Und ich wünsche euch, daß ihr nun auch fest genug seid, dem zu widerstehen, wenn sie euch für schwach halten, wenn man euch ausnutzt, für dumm ansieht und gar über euch lacht. Denkt daran: Christus hat keine Hände, nur eure Hände! Schön wäre, wenn ihr auch bei dem Glauben bleibt: Was auch geschieht und kommt, Jesus ist der Herr - über die Welt und über mich. Und ich wünsche euch, daß ihr nun auch fest genug seid, auch einmal Rückschläge einzustecken. Seht doch Jesus selbst an: Ein Hungerleider war er, kein Haus, keine Habe war sein eigen, nur das, was er auf dem Leib trug. Und wie ist’s ihm denn ergangen? Verspottet haben sie ihn, gequält und schließlich getötet. Wie geht es uns - an ihm gemessen?! Was können wir ertragen - ohne gleich an Gott zu zweifeln? Es kann manchmal sehr dunkel in unserem Leben werden - aber nicht für immer! Es wird uns manchmal sehr viel aufgebürdet - aber nicht so viel, daß wir zusammenbrechen! Wir erleben manchmal sehr schmerzhaft, wie wahr das ist: Christus hat keine Hände... Doch nie wird das die letzte Erfahrung mit ihm bleiben! Und haltet doch auch am Gebet fest! Zugegeben: Unsere Worte können noch so ehrlich sein und noch so ernst gemeint - es kommt oft keine Antwort zurück, kein Echo, schon gar kein Hinweis, was wir tun sollen. Ich wünsche euch, daß ihr nun aber auch stark genug seid, einem Gott zu ver- trauen, der nicht all unsere Bitten erhört, der sich verbirgt und der manchmal lange schweigt. Hilfe erhält der, der sich selbst hilft. Kraft bekommt der, der sich auf die eigenen Kräfte besinnt. Du kannst selbst vieles tun, mehr vielleicht, als du dir bisher zutraust. Und wenn’s gelingt, vergiß das Danken nicht. Warum sollte sich Gott nicht deiner Kraft bedienen, deiner Fähigkeiten und Talente? Von wem hast du sie denn? Und wenn es gar nicht mehr weitergeht, wird er dich nicht verlassen. Wenn all dein Bemühen scheitert, dann ist er da, sei gewiß! Und vielleicht sogar dann, wenn sich deine Hände nicht mehr falten (können)! Bis dahin aber ist das gültig: Christus hat keine Hände, nur unsere Hände! Vielleicht möchtet ihr heute - neben so vielem anderen - auch das von eurer Konfirmandenzeit mit- nehmen: Christus braucht uns, er braucht euch für seine Sache, für alles, was er unter den Menschen tun will. Er braucht eure Liebe - wenn eure Mitmenschen Liebe erfahren sollen. Er braucht euren Glauben - wenn andere zum Glauben finden sollen. Und er braucht euren Einsatz - wenn diese Welt menschlicher und besser werden soll. Es hat keinen Sinn und es steht uns Christen nicht gut zu Ge- sicht, wenn wir immer wieder sagen: Soll doch der erst einmal... Wenn die sich doch aber auch nicht ändert... Sollen doch die andern... Wir müssen es tun. Wir können es tun. Denn: Christus hat keine Hände, nur unsere Hände, um seine Arbeit heute zu tun. Er hat keine Fü- ße, nur unsere Füße, um Menschen auf seinen Weg zu führen. Christus hat keine Lippen, nur unse- re Lippen, um Menschen von ihm zu erzählen. Er hat keine Hilfe, nur unsere Hilfe, um Menschen an seine Seite zu bringen. Wir sind die einzige Bibel, die die Öffentlichkeit noch liest. Wir sind Gottes Botschaft in Taten und Worten. Was aber, wenn unsere Hände mit anderen Dingen beschäftigt sind, als mit den seinen? Wenn un- sere Füße dahin gehen, wohin die Sünde zieht? Wenn unsere Lippen sprechen, was er verwerfen würde? Erwarten wir ihm dienen zu können, ohne ihm nachzufolgen? Liebe Konfirmanden, ich wünsche euch von Herzen, daß ihr diesem Jesus Christus eure Hände, Füße und Herzen schenkt, daß er mit ihnen seine Arbeit heute tun kann. Auch allen anderen wünsche ich die Kraft dazu. Dann kann es wahr werden, was wir jetzt singen wollen: Liebe ist nicht nur ein Wort... (EG 629)