Traupredigt für Eva-Maria und Willy H. 1. Kor. 13,13 Liebes Brautpaar, liebe Gäste! Noch sind wir mittendrin in diesem Tag, in dieser Hochzeit, auf die ihr so gewartet, die ihr so lange vorbereitet und auf die ihr euch so gefreut habt! Nach mancher Enttäuschung, vielen einsamen Jahren und manchem Leid, das ihr ja schon im Leben hattet, soll es heute einmal ein Freudentag sein. Fröhliche Stunden, freundliche Gesichter, gutes Essen, Gespräche am Tisch, Singen und Tanzen... Aber irgendwann geht dieser Tag dann doch auch zuende. Gewiß, wir werden ihn noch lange in der Erinnerung haben, uns noch hie und da darüber austauschen und lächelnd Rückblick halten: Weißt du noch damals bei Eva-Marias und Willys Trauung... Was wird sonst noch bleiben von dieser Hochzeit? Sicher ein paar schöne Augenblicke in unserem Gedächtnis. Ein paar Fotos im Album. Ein Brautkleid im Schrank. Mehr nicht? Ein bißchen wehmütig wird man schon bei diesen Gedanken. Wir müßten etwas mitnehmen können von heute, etwas für immer behalten, etwas, das uns jeden Morgen neu diesen schönen, großen Tag in unser Gedächtnis zurückruft und was heute begann. - Was bleibt von heute? Mir scheint, der Trauspruch, den ihr beiden euch für euer gemeinsames Leben gewählt habt, gibt die Antwort: Nun aber bleibt... Ihr wißt, das war ursprünglich kein Vers für die Trauung!. Das sollte für jeden Stand gelten, für jeden Christen. Trotzdem: Beziehen wir's ruhig auf euch, auf euer Leben miteinander. Nun aber bleibt Glaube... Ihr seid darin erzogen, in diesem Glauben an Gott. Ihr seid darin unterrichtet, konfirmiert, und er mußte auch schon manche Prüfung bestehen, dieser Glaube... Jetzt sollt ihr damit in die Ehe gehen, was heißt "sollt"... Nehmt es als Rat, als freundliche Empfehlung: Versucht es doch jetzt auch in diesem Leben zu zweit mit dem Glauben! Da ist ein Gott im Himmel, der meint es gut mit euch. Und geht ruhig davon aus, daß dieser Mensch, mit dem ihr euch heute verbindet, auch für euch bestimmt war. Eva-Maria und Willy, Willy und Eva-Maria. So soll es sein. Da haben bei euch nicht nur Menschen mitgeholfen... Ihr beide solltet euch begegnen, kennen und lieben lernen. Der Glaube nämlich, der den Partner aus Gottes Hand nimmt, der wird auch mit ihm gehen können, wie immer er sich entwickelt. Und morgen schon sind wir ja nicht mehr dieselben. Das Leben, all die Einflüsse dieser Zeit und der Menschen machen, daß wir uns entwickeln, verändern - vielleicht auch so, daß es uns nicht gefällt und so, daß es die Ehe belastet. Wer weiß schon von sich, wie er diese oder jene Situation besteht? Wer kann sicher sagen, so oder so werde ich mich bewähren, wenn es schwierig wird miteinander, wenn Pläne zerbrechen und der Lebensentwurf in Scherben geht? Glaube an Gott, von dem ich weiß, daß er mir diesen Menschen bestimmt hat, daß er ihn wie mich liebt und trägt, wird damit fertigwerden. Der Glaube vertraut auch dann noch, wenn schwere Stunden kommen, wenn uns der gemeinsame Weg hart wird und dunkel. Glaube hält durch, wenn die Fotos von dieser Hochzeit vergilben und die Erinnerung an diesen Tag blaß wird. Glaube bleibt! Nun aber bleibt Hoffnung... Die habt ihr ja, meint ihr. Es wird schon noch viele glückliche Jahre für uns geben. Es wird schon klappen miteinander und wir werden unser Nest schon bauen, droben in Düsseldorf. Wir alle teilen diese Hoffnung. Wir alle wünschen euch von Herzen das beste! Trotzdem: Hier ist eine andere Hoffnung gemeint, die heißt: Dieses Leben ist nicht alles. In Jesus Christus, der für uns den Tod überwandt, sollen auch wir einmal ein ewiges Leben haben. - Wer mag heute daran denken? Ich schon! Habt ihr nicht auch schon erfahren, wie alles, was wir hier tun und anfangen, Stückwerk bleibt und sehr gefährdet ist? Das Haus, das wir hinstellen oder die Wohnung, die wir einrichten...kaum liegt der letzte Stein, kaum ist alles an seinem Platz, schon beginnt doch der Verfall. Die Beziehungen, die wir haben, zu Bekannten und Freunden...kaum sind wir uns nahe gekommen und vertraut geworden, da wenden wir uns wieder ab, gehen eigene Wege, verlieren uns aus den Augen. Und schließlich der letzte Abschied, den ihr ja gewiß auch schon schmerzlich habt kennenlernen müssen... Unvollkommen ist alles, was wir aufbauen. Es muß enden, was beginnt. Nichts hat Bestand für immer. Sollte das in der ehelichen Beziehung anders sein? Bis der Tod uns scheidet, wollt ihr nachher in eurem Versprechen sagen. Hat also wirklich alles ein Ende, auch die Liebe, die ihr füreinander empfindet? - Liebe Eva-Maria, lieber Willy, Hoffnung kann darüber hinausblicken! Hoffnung weiß: Alles, was wir hier nach dem Willen Gottes und im Glauben an ihn beginnen, wird sich in der Ewigkeit vollenden. Jesus hat die Grenze des Todes überschritten, damit auch wir sie überschreiten können. Es gibt seitdem keine Liebe, die in dieser Welt an ihr Ende käme. Es gibt seitdem keine Beziehung zwischen Menschen, die drüben nicht weiterbestehen und zur Reife gelangen soll. Die Hoffnung weiß, der Abschied am Schluß ist ein Übergang, nicht das Ende. Unsere Hoffnung blickt nicht ins Leere. Sie ist begründet - durch die Auferstehung Jesu Christi. Hoffnung bleibt! Nun aber bleibt Liebe... Was soll ich Verliebten, die dem Honeymoon zusteuern, dazu sagen? Liebe, die empfindet ihr doch füreinander! Die macht ja auch diesen Tag heute so schön und wichtig: Eure Liebe, die heute zum Entschluß wird: Ich will mit diesem Menschen für immer leben. Wenn ich euch nun sage, diese Liebe ist hier gar nicht gemeint!? Das ist nämlich bloß Gefühl, nicht Liebe. Seid ihr mir dann böse? Aber wirklich: Man darf ja wohl davon reden, man muß davon reden! Liebesgefühle werden sich abkühlen. Das war immer so. Alle erfahrenen Eheleute werden es bestätigen. Gefühle bleiben nicht - aber Liebe! Was ist hier gemeint? - Wie hieß das vorhin? An Jesus Christus habt ihr ein gültiges Beispiel für diese Liebe... Wie ist seine Liebe? Da fallen mir viele Menschen ein, von denen die Bibel uns erzählt: Der Zöllner Zachäus, die Ehebrecherin, der Hauptmann von Kapernaum... Da waren ganz und gar nicht liebens-würdige Menschen dabei. Aber Jesus setzt sich zu ihnen an den Tisch, verzeiht ihnen, erfüllt ihre Bitten und hat gute Gemeinschaft mit ihnen... Das ist diesem Jesus sicher oft gar nicht leicht gefallen. Seine Gefühle haben ihn nicht immer zu diesen Menschen hingezogen - aber seine Liebe! Wenn ich das jetzt einmal in eure Ehe hineinübersetze, liebe Eva-Maria, lieber Willy, dann fallen mir die Zeiten ein, da wir's einander schwer machen. Wo wir vielleicht sogar aneinander schuldig werden und stumm... Wo wir meinen, es ginge nicht mehr, wo wir glauben, das kann ich nicht verzeihen... Wenn dann doch wieder ein Wort zwischen uns möglich wird. Wenn einer des andern Hand ergreift und drückt und miteinmal doch wieder lächeln kann und weiß gar nicht wie... Glaubt mir, Gefühle allein reichen dazu nicht, aber Liebe! Und die Tage an denen sich eure Ehe bewähren muß, fallen mir ein. Wenn das eintritt, mit dem ihr nicht gerechnet habt. Wenn ihr zeigen müßt, was euch zusammenhält. Könnt ihr einander auch tragen und stützen, wenn der andere ein Gesicht annimmt, das euch nicht gefällt und euch fremd ist und unbegreiflich? Wenn dann einer des anderen Last doch mitträgt und mit ihm geht auch auf Wegen, die er nicht begreift...dann sind das nicht die Gefühle allein - dann ist das Liebe! Liebe bleibt! Glaube, Hoffnung, Liebe...doch die Liebe ist die größte unter ihnen. Das ist wahr und wohl gerade in der Ehe. Ohne Liebe fehlt der Zusammenhalt. Ohne Liebe kann ein Paar schwere Jahre nicht überdauern. Ohne Liebe ist das Zusammenleben fade und langweilig. Nicht daß mich jemand jetzt falsch versteht: Schön, wunderschön, wenn die Gefühle hinzukommen. Schön, wenn sie euch recht lange erhalten sein werden! Wirkliches Beispiel für die Liebe aber ist allein die Liebe Jesu. Ich wünsche euch solche Liebe für all die Jahre, die Gott euch gemeinsam schenkt. Was wird von heute bleiben? Ein paar Fotos? Erinnerungen, die blasser werden? Ein weißes Kleid im Schrank? Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; am größten aber unter diesen ist die Liebe. Die Antwort ist euer Trauspruch. Er möge euch bleiben und die drei Dinge von denen er spricht: Glaube, Hoffnung, Liebe. Die Predigt wurde gehalten von Pfr. Manfred Günther, Lohgasse 11, 35325 Mücke/Groß-Eichen