Traupredigt für Simone und Jörg S. (Ruth 1, 16bff) Liebes Brautpaar, liebe Gäste! Ihr beide fühlt das jetzt ganz gewiß: Wie groß diese Stunde ist. Und ihr habt das ja auch schon am letzten Samstag, als ich Eure Freunde getraut habe und in den vergangenen Tagen gefühlt: Die Befangeneheit, die Aufregung, die vielen Gedanken...und ob wohl heute auch alles gut geht hier in der Kirche? So ging es wohl allen Paaren vor euch, die in einer solchen Stunde hier oder vor einem anderen Altar gesessen haben: Diese innere Unruhe, diese Gefühle zwischen Aufregung und Freude, diese Mischung aus Herzklopfen, Feierlichkeit und ängstlicher Erwartung... Wißt ihr was: Mir geht es jedesmal wieder ähnlich! Auch nach so vielen Trauungen, die ich schon habe halten dürfen, bin ich doch auch immer wieder aufgeregt und befangen. Eine so wichtige Stunde ist ja auch nichts, wo man ganz kühl und gelassen bleiben könnte. Ganz allein seid ihr also schon einmal nicht mit euren Empfindungen. Und ich denke mir: Die Mütter, der Vater, eure anderen näheren Angehörigen kommen noch hinzu! Und gerade eure Mütter sind jetzt gewiß auch nicht so ruhig, wie sie äußerlich scheinen. Ihnen wird ja sicher in dieser Stunde bewußt: Jetzt gehört meine Tochter, mein Sohn endgültig einem anderen! Aber hoffentlich sehen sie auch das - sozusagen die andere Seite dieser Sicht: Wir gewinnen ja heute auch einen Menschen, einen Sohn, eine Tochter... Was macht diese Stunde eigentlich so bedeutungsvoll? Sicher dies: Daß sie eben so einmalig ist und nicht wiederkehrt! Aber im tiefsten Grunde ist da auch noch etwas anderes: Hier vor dem Altar wird uns das ganz deutlich: Es ist eine Entscheidung, die ihr hier trefft, die alles, was ihr bis heute entschieden habt, himmelhoch überragt. Ihr wollt zwar nachher nur vier kleine Wörtchen zueinander sagen, aber es liegt doch eine ganze Welt von Liebe, Hoffnung und Treue darin! Ihr wollt euch das Jawort geben, zwei Buchstaben nur - und doch soll es für ein ganzes Leben lang gelten. Und dieses Ja wird euch binden, vielleicht 50 oder 60 Jahre, wenn Gott will sogar noch länger. Kein Wunder also, wenn ihr aufgeregt seid. Deshalb wohl schlägt euch das Herz jetzt bis zum Hals! Wer könnte es nicht verstehen?! Um so wichtiger ist es, daß wir diesem Ja nicht zuviel aufbürden! Es soll nicht alles an diesen zwei Buchstaben liegen, sonst wird der Kloß im Hals nachher zu groß! Und gerade ihr beiden wollt euch ja mehr zusprechen als dieses Ja. Ich denke an euren Trauspruch. Der ist nämlich nicht irgendein Wort... Auch er ist ein Versprechen. Und was für eins! Zwei Menschen, die sich auch sehr liebhatten, haben dieses Versprechen vor über 2000 Jahren einander abgelegt. Hören wir einmal auf die Worte aus dem Buch Ruth, die heute euer Trauversprechen aneinander werden sollen: Wo du hingehst, da will auch ich hingehen, und wo du bleibst, bleibe auch ich; dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe auch ich; da will auch ich begraben sein. Der Herr tue mir dies und das: nur der Tod soll mich von dir scheiden. Wenn man dies alles zu einem Menschen sagen kann, dann muß man sich wohl sehr liebhaben! Wo du stirbst, da sterbe auch ich... Und: Nur der Tod soll mich von dir scheiden. Ihr habt euch so lieb. Und in diese Worte wolltet ihr eure Entscheidung füreinander fassen: Wo du hingehst, da will auch ich hingehen... Was liegt jetzt also näher, als wenn ich euch jetzt auch sprechen lasse? Nicht wirklich euch, aber ich will einmal für euch reden, euch diese großen, schönen Worte sozusagen in den Mund legen. Das versprecht ihr heute einander: Wo du hingehst, da will auch ich hingehen... Heute verspreche ich dir, liebe Simone, lieber Jörg, daß ich dir folge, wie du dich auch immer entwickelst. Ich weiß dabei, daß kein Mensch ein Leben lang derselbe bleibt. Wir verändern uns, werden reifer, gewinnen neue Einsichten. Auch Fehler werden sich zeigen, vielleicht größer werden, schwieriger zu ertragen... Aber ich will alle Wege mitgehen, deine Entwicklungen verstehen, dich überall hin begleiten und auch, wo ich dich nicht verstehen kann, nicht verlassen! Wo du bleibst, da bleibe auch ich... Heute verspreche ich dir, liebe Simone, lieber Jörg, daß ich mich für immer an dich binden will! Wo du zu Hause bist, da will ich es auch sein. Wenn du sagst, hier ist mein Ort im Leben, dann soll es auch meiner sein. Und wenn du sprichst: Komm, laß uns neu beginnen, dann kannst du sicher sein: Du darfst mit mir rechnen! Ich stehe zu dir in allem, denn ich habe mich für dich entschieden, und es war mein freier Entschluß, dich zum Partner zu wählen. Dein Volk ist mein Volk... Heute verspreche ich dir, liebe Simone, lieber Jörg: Die Menschen, die dir bisher wichtig waren, sollen auch mir wichtig sein. Waren es deine Freunde, dann möchte auch ich ihr Freund sein. Ich weiß ja, andere Menschen haben dich zu dem gemacht, der du heute bist und so, daß ich dich heute lieben kann. Darum will ich die Familie, aus der du kommst, lieben, die Gemeinschaft, der du angehörst, und ich will deine Beziehungen zu anderen Menschen achten. Dein Gott ist mein Gott... Ich verspreche dir, liebe Simone, lieber Jörg, daß ich auch die tiefste Bindung, die ein Mensch in dieser Welt haben kann, achten und respektieren will. Ja, mehr noch: Der Glaube, der dich trägt, soll auch mich tragen. Das Vertrauen, von dem du lebst, möchte ich gern teilen. Wo meine Erfahrungen mit Gott bisher anders waren als die deinen, da will ich von dir hören und dir auch von den meinen erzählen. Wir wollen so die Ehe miteinander führen, daß auch Gott seinen Platz darin hat. Wo du stirbst, da sterbe ich auch... Heute verspreche ich dir, liebe Simone, lieber Jörg, daß ich bis zum Ende aller Tage bei dir bleiben werde. Und ich meine damit, daß ich auch in schweren Zeiten nicht von deiner Seite weiche. Und ich weiß auch: Hier ist ja nicht nur das leibliche Sterben gemeint. Täglich ist ja der Tod in mancherlei Gestalt um uns. Aber ich bin bei dir! In Niederlagen will ich dich trösten. Wenn du Mißerfolge hast, will ich dich aufrichten. In deiner Angst - ich bleibe ganz nah! Wenn dir die Hoffnung ausgeht, spreche ich dir Mut zu. Wenn du verzweifelt bist, allein bist du nie! Nur der Tod soll mich von dir scheiden... Heute verspreche ich dir, liebe Simone, lieber Jörg, daß ich mein Leben lang nicht mehr von dir gehe, dich liebe und trage, solange Gott uns die Zeit dazu gibt. Und selbst der Tod wird ja nicht das letzte Wort haben. Hinter ihm wird es mit uns und mit der Liebe weitergehen. Denn die Liebe ist stärker. Sie hat kein Ende. Gottes Liebe nicht und unsere soll auch keines haben! Wir werden einmal aus diesem Leben gehen - in ein anderes. Aber tiefer als in Gottes Hände können wir nicht fallen, der uns heute - für immer - zusammenführt. Liebe Simone, lieber Jörg! Das war, das ist euer Versprechen. Das alles liegt in dem kleinen Ja, das ihr euch jetzt gleich sagen wollt. Weil das alles ja gar keinen Platz in diesem Wörtchen hat, habt ihr euch diesen Trauvers gewählt, diese großen, schönen Worte. Ich wünsche euch von Herzen, daß ihr zu diesem Versprechen noch den Segen Gottes geschenkt bekommt. Er wird euch führen und euch helfen, zu halten, was ihr euch heute versprecht: Wo du hingehst, da will auch ich hingehen, und wo du bleibst, bleibe auch ich; dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe auch ich; da will auch ich begraben sein. Der Herr tue mir dies und das: nur der Tod soll mich von dir scheiden. Sagt euch doch die Worte dieses Versprechens immer wieder einmal in der Zukunft - und habt sie jeden Tag im Herzen und in euren Gedanken! Die Predigt wurde gehalten von Pfr. Manfred Günther, Lohgasse 11, 35325 Mücke/Groß-Eichen