Predigt zu Epiphanias - 6.1.2002 Textlesung: 2. Kor. 4, 3 - 6 Ist nun aber unser Evangelium verdeckt, so ist's denen verdeckt, die verloren werden, den Un- gläubigen, denen der Gott dieser Welt den Sinn verblendet hat, daß sie nicht sehen das helle Licht des Evangeliums von der Herrlichkeit Christi, welcher ist das Ebenbild Gottes. Denn wir predigen nicht uns selbst, sondern Jesus Christus, daß er der Herr ist, wir aber eure Knechte um Jesu willen. Denn Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, daß durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi. Liebe Gemeinde! Was ich heute zu diesen Versen sagen will, ist ziemlich hart. Aber ich will es sagen, denn der Pre- digttext hat es ja auch schon in sich: Ist nun aber unser Evangelium verdeckt, so ist's denen ver- deckt, die verloren werden..., denen der Gott dieser Welt den Sinn verblendet hat... Fangen wir beim zweiten an: Woran denken sie, wenn vom "Gott der Welt" die Rede ist? - Da geht es ihnen wie mir, glaube ich, da fällt ihnen zuerst das Geld ein, der Mammon, wie die Bibel diesen Götzen nennt. Und mir kam in den Sinn, was wir in den letzten Tagen und Wochen mit der neu eingeführten Euro-Währung erlebt haben. Denn das trägt wahrhaftig viele Züge eines Götzendien- stes! In einigen Städten Europas haben sich in der Nacht zum letzten 17. Dezember, als die ersten Euro-Münzen ausgegeben wurden, doch wirklich lange vor 24 Uhr vor den Geldinstituten Massen von Menschen versammelt. Sie waren teilweise nicht zu Bett gegangen, wie sie es gewohnt sind, sondern haben dort in ziemlicher Kälte ausgeharrt, nur um zu den ersten zu gehören, die ein Euro- Geld-Päckchen in die Hand bekommen. Was dem ganzen - über die von der Bundesbank inszenierte Euro-Show mit Gewinnspiel und Feuerwerk hinaus - noch einen fast gottesdienstlichen Anstrich gegeben hat, waren die vielen Kerzen, die von den Wartenden entzündet worden waren, so als gälte es vor dem großen Ereignis - fast wie wir es in den Wochen vor der Geburt unseres Herrn halten - Lichter der Hoffnung zu entzünden. - Was aber kam wirklich? Ein kleines Päckchen mit Münzen für 20 Mark, zwar glänzend und schimmernd, aber vom eigentlichen Wert her eher armselig. Ja, vielleicht finden sie das jetzt wirklich hart, zu hart, wenn ich dazu die Worte des Paulus setze: ...denen der Gott dieser Welt den Sinn verblendet hat... Aber ich kann es nicht anders sehen. Ich glaube es einfach nicht, daß diese vielen Menschen genau so oder auch nur annähernd so viel Aufhe- bens um das Evangelium von Jesus Christus machen und sich in eben solchen Scharen - auch noch in der Nacht! - dorthin begeben würden, wo die Frohe Botschaft von ihm verkündigt wird. Das Schlimme daran, das Unbegreifliche an diesem Götzenkult läßt der einfache Vergleich deutlich wer- den: Mit dem sehnlich erwarteten Geldpäckchen kann man sich etwas im Gegenwert von rund 10 Euro kaufen - Jesus Christus aber will und kann uns das Leben schenken und für Zeit und Ewigkeit vom Tod erretten! Nun könnte man ja sagen: Aber die Einführung der neuen Währung war doch wirklich einmal etwas Besonderes! Das kommt wahrscheinlich in einem Menschenleben nicht wieder. Wenn die Menschen da aufgeregt sind und gespannt, wenn sie da vielleicht auch einmal etwas ganz Verrücktes tun und mitten in der Nacht vor den Banken ausharren und auf ein paar Münzen warten... Muß man das nicht verstehen? Darf man da denn gleich von Götzendienst reden und von Verblendung? Gut, reden wir vom Fußball und seiner in jeder Beziehung grenzenlosen Bedeutung für viele Men- schen! Vor 40 Jahren beschwor ein Bundestrainer noch die Nationalmannschaft: "11 Freunde müßt ihr sein!" Damit waren Werte angesprochen, die heute vielleicht noch in der A-Jugend eines Provinz-Vereins gelten mögen. Aber doch nicht im Profifußball! Da verbindet und verbündet sich der eine Götze mit dem anderen, da feiern Mammon und Fußball ihre Macht über die Herzen und ich fürchte auch über die Seelen der Menschen: Wen interessiert es denn, wie charakterlos und unfair ein Spieler sein mag - wenn er nur Tore schießt und dem Nationalstolz oder der Vereinsehre dient? Wer fragt danach, ob der Trainer auch menschlich ein gutes Vorbild abgibt, ob er in unlautere Ma- chenschaften verstrickt ist oder Drogen nimmt? Wenn er nur die Mannschaft an die Spitze der Liga oder die Nationalelf zur Weltmeisterschaft führt, wird ihm alles verziehen und er ist die Millionen wert, die er jährlich einstreicht. Und wir könnten auch noch von den Götzen "Starrummel", "Konsum", "Wirtschaftswachstum", "Auto" oder "Fernsehen" sprechen. Alle diese Götzen unserer Zeit tragen ähnliche Züge. Alle neh- men sie uns die rechte Sicht auf das, was wirklich wichtig und wesentlich ist. Alle trüben sie uns den Blick auf die wahren Werte des Lebens und der Gemeinschaft. Alle verdecken sie uns den, der uns die frohe Botschaft von Gottes Liebe gebracht und selbst mit seinem Leiden und Sterben sichtbar gemacht und bestätigt hat. Darum gilt dieses Wort: Ist nun aber unser Evangelium verdeckt, so ist's denen verdeckt, die verloren werden..., denen der Gott dieser Welt den Sinn verblendet hat... Die verloren werden... Ja, liebe Gemeinde, das ist hart! Aber bevor wir nun das Wort der Bibel grausam und das Urteil, das sie spricht, verdammend und hoffnungslos nennen - gäbe es für die Menschen, die hier angesprochen sind, nicht doch ein Ausweg aus der Verlorenheit? Gibt es denn kein Entkommen aus dem Griff der Götzen? - Ich glaube schon, und mir scheint hier der Weg ge- wiesen: ...denen der Gott dieser Welt den Sinn verblendet hat, daß sie nicht sehen das helle Licht des Evangeliums von der Herrlichkeit Christi, welcher ist das Ebenbild Gottes. Dieses "helle Licht" ist doch in dieser Welt aufgegangen! Jedermann kann es sehen, wenn er nur will! Es ist nicht verborgen und verdeckt, es ist überall, es erleuchtet an vielen Stellen die Familien, die Gesellschaft, das öffentliche Leben, die Gemeinschaft und die Gemeinde - auch bei uns! Es gibt sie doch, die Menschen, die es Weihnachten nicht nur mit ein bißchen Stimmung und Lametta, Tan- nenduft und Gänsebraten bewenden lassen. Es gibt doch auch jene, die sich mit ihrem Chor oder auch alleine aufmachen in die Seniorenheime, daß sie dort den Alten Lieder singen oder sie durch ihren Besuch oder einen Gedichtvortrag bei einer Adventsfeier erfreuen. Und auch rings ums Jahr gibt es doch die Menschen, die sich nicht von den Götzen dieser Zeit fangen und bestricken lassen. Wo andere nur noch für Geld einen Finger krumm machen, da tun sie es für Gotteslohn. Wo andere griesgrämig und ohne innere Beteiligung ihren "Dienst" an den Menschen als Ärzte und Krankenschwestern leisten, da strahlen sie eine große Freude und eine herzliche Liebe aus, die denen, die von ihnen gepflegt werden, Kraft schenken und ihnen das Gefühl nehmen, nur Last und eigentlich übrig zu sein. Und schließlich gibt es auch viele, für die das Auto ein Fortbewegungsmittel geblieben ist, das Fernsehen eine Möglichkeit, sich zu informieren und hie und da eine Stunde der Unterhaltung zu haben und bei denen ein Star oder ein Prominenter jemand ist, bei dem sie mehr als bei anderen, mindestens aber genau so wie bei anderen danach fragen, ob ihre Art, ihr Handeln und Reden vor ihrem Anspruch an Wahrhaftigkeit und Menschenliebe bestehen können. Es gibt sie, die Menschen, die sich nicht von den Götzen dieser Welt verblenden, verstocken und den Blick auf Je- sus Christus verstellen lassen. Darum ist Hoffnung auch für jene, denen das "helle Licht" noch nicht aufgegangen ist! Es mag schwer sein, sich von den Göttern dieser Zeit abzuwenden - unmöglich ist es nicht! Denn Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben... Liebe Gemeinde, klar ist jetzt auch, wie sehr es auf uns ankommt, wenn auch die Menschen, denen heute noch die Götzen der Zeit die Augen binden und die Seele verdunkeln, aus ihrer Finsternis be- freit werden sollen. Und darum geht auch das Wort vom "hellen Schein" so weiter: ...der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben... daß durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi. Wir - wenn wir zu denen gehören, die nicht auf Mammon und die anderen Götzen hereingefallen sind - wir können das Licht in unserem Herzen noch viel heller strahlen lassen! Wenn wir schon selbstlos und von Herzen, nicht des Geldes wegen, für andere Menschen da sind, dann können wir vielleicht noch hier und dort ein deutliches Wort und eine Einladung hinzufügen, etwa so: "Hast du einmal überlegt, wie viele Stunden du vor dem Fern- sehschirm zubringst und wie kurz die Zeit ist, die du deiner Sache mit Gott widmest? - Komm doch wieder einmal mit zum Gottesdienst!" Oder wenn für uns die Stars, die durch die Medien in den Götterhimmel versetzt werden, immer noch Menschen aus Fleisch und Blut sind, dann könnten wir doch auch für diese nüchterne und richtige Haltung werben, vielleicht mit solchen Worten: "Was hat diese Popdiva eigentlich geleistet, wenn du sie mit einem Arzt aus Berufung oder einer Krankenschwester aus Überzeugung vergleichst? Hat sie deine Verehrung, ja, Vergötterung wirklich verdient?" Und immer dient unser Vorbild auch der "Erleuchtung" der Menschen. Darum stellen wir unser Licht nicht unter den Scheffel. Sprechen wir ruhig auch davon, was wir für die Menschen tun, wa- rum wir es tun und auch wieviel Freude uns das schenkt! Es darf einfach nicht sein, daß ein Päckchen glänzender Euro-Münzen derartig viel Aufmerksamkeit, ja, Anbetung auf sich zieht, wenn auf der anderen Seite der Glanz Jesu Christi in dieser Welt immer mehr verdunkelt und verdeckt wird. Es darf einfach nicht sein, daß so viel Aufhebens und Rummel um angebliche Nebensachen wie Fußball oder das Auto gemacht werden, wenn in dieser Gesell- schaft zur gleichen Zeit immer mehr der Glaube an Gott und die Werte, die damit verbunden sind, in Vergessenheit geraten. Und es darf um der noch verblendeten und verdunkelten Menschen willen nicht sein, daß wir es weiter hinnehmen, daß die Götter und Götzen dieser Welt die Herzen und Seelen der Menschen fan- gen und in ihrem Griff halten. - Setzen wir unser Licht dagegen! Lassen wir unseren gelebten Glauben glänzen! ...daß durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Got- tes in dem Angesicht Jesu Christi.