Predigt zum 2. So. n. Epiphanias - 20.1.2019 Textlesung: Mk. 2, 18 - 22 Und die Jünger des Johannes und die Pharisäer fasteten viel; und es kamen einige, die sprachen zu ihm: Warum fasten die Jünger des Johannes und die Jünger der Pharisäer, und deine Jünger fasten nicht? Und Jesus sprach zu ihnen: Wie können die Hochzeitsgäste fasten, während der Bräutigam bei ihnen ist? Solange der Bräutigam bei ihnen ist, können sie nicht fasten. Es wird aber die Zeit kommen, dass der Bräutigam von ihnen genommen wird; dann werden sie fasten, an jenem Tage. Niemand flickt einen Lappen von neuem Tuch auf ein altes Kleid; sonst reißt der neue Lappen vom alten ab, und der Riss wird ärger. Und niemand füllt neuen Wein in alte Schläuche; sonst zerreißt der Wein die Schläuche, und der Wein ist verloren und die Schläuche auch; sondern man soll neuen Wein in neue Schläuche füllen. Liebe Gemeinde! Das hat mich sehr angesprochen: Wo Jesus ist, da wird „Hochzeit“ gefeiert. Er ist ein „Bräutigam“. Er gibt uns Anlass zu ausgelassener Freude. Ist es nicht wichtig und schön, dass uns das wieder einmal ins Gedächtnis gerufen wird, dass unser Leben - bei aller Beschwerde und allem Leid - doch gut ist und sinnvoll und eine Zukunft hat und ein Ziel? Wir verlieren das doch immer wieder leicht aus den Augen und unserer Erinnerung. Böse Erfahrungen prägen sich meist viel tiefer und dauerhafter bei uns ein als die guten. Und manchmal halten wir auch selbst gern an ihnen fest, beharrlich wie ein Bettler an seinen Lumpen. Ist es nicht wirklich so, dass uns die Krankheitstage des vergangenen Jahres viel deutlicher vor Augen stehen, als der herrliche Urlaub im Sommer? Und der Brief, der uns traurig gemacht hat, ist uns auch noch im Wortlaut im Gedächtnis - aber wissen wir all die guten Wünsche zum letzten Geburtstag noch genauso gut? Wirklich: Tief in uns haben wir die schweren, dunklen Erfahrungen aufbewahrt, während uns so manches Schöne und Helle längst verloren ging. Jetzt aber beginnt ein Neues: Wir feiern Hochzeit mit Jesus! Sein Fest, das heute schon beginnt und das niemals enden wird, ist in vollem Gang. - So ist es unser Christenglaube. Dass wir in Glaubensangelegenheiten sprachliche Bilder benutzen wie „Hochzeit“ oder „Bräutigam“, „Fest“ oder auch „Tischgesellschaft“, zeigt unser Bemühen, eine Wirklichkeit auszudrücken, die unsere doch so reiche Sprache anders nicht erklären kann! Aber nicht einmal das genügt ja! Jede „Hochzeit“, jedes Fest, das wir heute feiern, wird nicht entfernt an das herankommen, was uns in Gottes neuer Welt einmal erwartet. „Kein Aug hat je gespürt, kein Ohr hat mehr gehört solche Freude...“ (EG 147,3). So versucht sich ein Gesangbuchlied an dem, was uns verheißen ist. Und wahrhaftig: Wenn dieses ewige Fest einmal im Gang sein wird und wenn der Bräutigam doch auch jetzt schon bei uns ist und die Hochzeit doch schon in diesem Leben beginnt, dann können wir wahrhaftig nicht fasten! Dann kann nur noch Zeit für die Freude sein, das Feiern und das Staunen... - Soweit diese Seite des Wortes. Aber es hat auch eine andere. „Während der Bräutigam bei ihnen ist...“, heißt es in diesem Vers. Es gibt also auch Zeiten, in denen er nicht mehr bei uns ist. Oder er kommt erst gar nicht. Vielleicht wird er auch abgewiesen. Oder die Menschen interessieren sich nicht für ihn und sein Fest, sind zu beschäftigt, abgelenkt durch die Dinge der Welt, durch das Geld, die Güter und die Macht... Ich muss sagen, dass bei mir immer wieder einmal durch mancherlei tägliche Erfahrung dieser Gedanke in mir groß wird: Wie viele Menschen unserer Tage lehnen ihn doch ab, den Bräutigam, legen erst gar keinen Wert darauf, ihn kennenzulernen, wollen sein Fest nicht feiern. Ja, sie scheren sich den Teufel um ihn und seine Einladung. Und ich frage mich oft, was mit diesen Menschen einmal geschieht? Aber bei dieser Frage lässt uns dieser Vers allein. Hier wird nicht gemutmaßt: Wartet nur, wenn ihr den Bräutigam verachtet, dann... Und hier wird nicht gedroht: Gott wird euch einmal strafen, wenn ihr sein Fest nicht mitfeiert! Nicht einmal angesprochen wird die Folge unserer ablehnenden Haltung: Einmal könnte es für euch zu spät sein! So werden auch wir nicht spekulieren, sondern uns darauf beschränken, was dieser Vers enthält: „Wie können die Hochzeitsgäste fasten, während der Bräutigam bei ihnen ist?“ Und wir werden uns von unserem Glauben leiten lassen, von der Freude, bei der Hochzeit dabeisein zu dürfen und wir werden auch andere wieder und wieder einladen: Kommt doch auch zum Fest des Bräutigams! Wir werden davon reden, was wir mit diesem Jesus erleben, wie froh und sinnvoll so ein Leben mit ihm ist, selbst wenn wir vom Leid nicht verschont bleiben. Ja, vielleicht werden wir sogar ein bisschen schwärmen: Wie herrlich das ist, schon heute auf seinem Fest zu sein, zu wissen, diese Hochzeit hat in Ewigkeit kein Ende, von der Hoffnung durch das Leben getragen zu sein, vom Glauben und von seiner Hilfe in schwerer Zeit... Mir fällt da die alte Frau ein, die ich einmal kennengelernt habe. Sie hatte nun wahrhaftig kein leichtes Leben! Zwei ihrer Söhne hatte sie an den Krieg hergeben müssen und ihr Mann war auch schon früh gestorben. Aber sie war durchdrungen von Freude. Und sie hat auch Antwort gegeben, wenn man sie gefragt hat, warum sie sich nicht hängenließ, nicht traurig war und bei allem Leid ihrer Tage doch gern lebte! „Wissen Sie“, so hat sie gesagt, „die Hochzeit mit unserem Herrn hat doch schon begonnen! Es kann nichts Schlimmes mehr geschehen. Wir sind schon für immer dabei beim großen Fest Jesu. Und wenn uns auch manchmal der Wein ausgeht, dann macht uns Jesus aus Wasser wieder neuen! Und einmal wird das Fest ewig sein. Was ich mich darauf freue!“ Wir könnten solche Worte vielleicht nicht nachsprechen. Aber nachempfinden? Das haben wir doch auch schon gefühlt, diese große, wunderbare Gelassenheit, die wir als Christen haben können. Dass wir ganz ruhig und voll Vertrauen bleiben dürfen angesichts einer zerfallenden und sich auflösenden Welt, in der die Werte, die einmal galten, die Liebe, die Treue und die Verlässlichkeit mit Füßen getreten werden. Es ist doch wie in diesem Bild vom Landmann, der noch im hohen Alter, ja an der Schwelle des Todes ein Apfelbäumchen pflanzt. Es ist alles entschieden - zu unseren Gunsten! Wir müssen also keine Angst haben, müssen nicht unruhig sein oder betriebsam, müssen nicht noch dies oder jenes erreichen - es ist alles erreicht durch Jesus Christus. Die Hochzeit hat schon begonnen! Wer wird nun auf ein neues Kleid einen alten Flicken setzen? Wie soll denn Traurigkeit zum Fest des Lebens passen? Wer wird den neuen Wein in alte, morsche Fässer füllen? Wer wird ihn überhaupt aufheben den Wein, lasst ihn uns heute trinken und fröhlich sein! Jetzt mögen die Leute Anstoß daran nehmen, dass wir nicht trauern und nicht fasten, auch wenn wir nach der Meinung der Welt Grund hätten traurig zu sein und in Sack und Asche zu gehen. Jetzt mögen sie die Köpfe schütteln, wenn wir auch im Leid und in schweren Tagen noch singen können und Gott loben. Jetzt mögen sie uns und den Glauben der Christen nicht mehr begreifen, wenn wir trotz aller bösen Vorzeichen ein gutes Jahr 2019 erwarten. Aber es wird gut sein, gut jedenfalls für alle, die wissen, dass Gott sie hält und bewahrt. Und das Jahr wird voller Freude sein, jedenfalls für die, deren Glaube weiß, dass in Ewigkeit schon alles ausgemacht ist: Die Hochzeit hat angefangen! Und wirklich: „Wie können die Hochzeitsgäste fasten, während der Bräutigam bei ihnen ist?“ AMEN