Ansprache zur Christnacht oder zum Heiligen Abend - 24.12.2018 Die Ansprache kann auch von mehreren SprecherInnen vorgetragen werden! (Wir lassen uns einstimmen mit Worten aus dem Evangelium des Johannes: Textlesung: Jh. 7, 28 - 29 Da rief Jesus, der im Tempel lehrte: Ihr kennt mich und wisst, woher ich bin. Aber nicht von mir selbst aus bin ich gekommen, sondern es ist ein Wahrhaftiger, der mich gesandt hat, den ihr nicht kennt. Ich aber kenne ihn; denn ich bin von ihm, und er hat mich gesandt.) * Liebe Gemeinde! Heute Abend will ich ihnen gleich drei Geschichten erzählen. Es sind allesamt Weihnachtsgeschichten, wie ich finde. Bei der ersten ist das auch ganz deutlich. Ich lese uns ein Stück aus dem Evangelium des Matthäus: Als Jesus geboren war in Bethlehem in Judäa zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem und sprachen: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland und sind gekommen, ihn anzubeten. Als das der König Herodes hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem, und er ließ zusammenkommen alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes und erforschte von ihnen, wo der Christus geboren werden sollte. Und sie sagten ihm: In Bethlehem in Judäa; denn so steht geschrieben durch den Propheten: "Und du, Bethlehem im jüdischen Lande, bist keineswegs die kleinste unter den Städten in Juda; denn aus dir wird kommen der Fürst, der mein Volk Israel weiden soll." Da rief Herodes die Weisen heimlich zu sich und erkundete genau von ihnen, wann der Stern erschienen wäre, und schickte sie nach Bethlehem und sprach: Zieht hin und forscht fleißig nach dem Kindlein; und wenn ihr's findet, so sagt mir's wieder, dass auch ich komme und es anbete. Als sie nun den König gehört hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis er über dem Ort stand, wo das Kindlein war. Als sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreut und gingen in das Haus und fanden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe. Und Gott befahl ihnen im Traum, nicht wieder zu Herodes zurückzukehren; und sie zogen auf einem andern Weg wieder in ihr Land. Worauf es mir bei dieser bekannten Geschichte besonders ankam, stand am Ende: "...und sie taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe." - Nun geht es ja in der Heiligen Nacht eigentlich um das Geschenk, das Gott der Welt und allen Menschen macht. Und das soll auch im Mittelpunkt bleiben. Andererseits ist das doch sehr schön und wichtig, dass auch die drei Weisen dem Krippenkind etwas schenken, nicht wahr? Wir finden das gewiss gut und richtig, so gut und richtig, dass uns das Schenken der drei Könige bis heute nie besonders aufgefallen ist oder uns erstaunt hätte. Schließlich glauben wir ja auch von den Hirten, die wenig zuvor an der Krippe waren, dass sie sicher ein paar Geschenke mitgebracht haben. Kleinere zwar, aber bestimmt kamen auch sie nicht mit leeren Händen. Ihnen trauen wir ein Knäuel Wolle zu, ein bisschen Käse oder Butter, vielleicht auch eine warme Decke für das Kleine. Auch die Gaben der Hirten passen so recht in unser weihnachtliches Bild, das wir uns in unserer Phantasie gemacht haben - obwohl nichts davon in der Bibel steht. Was uns das also sagt: Es scheint uns ganz recht und angemessen, dass auch die Menschen auf Gottes Weihnachtsgeschenk antworten und das schenken, was sie ihrem Vermögen nach können. Keinem von uns käme in den Sinn, sich zu wundern, wenn ein König Gold und ein Hirte etwas Wolle an der Krippe niederlegt. Beides ist gut und recht, eben angemessen. - Aber jetzt zu uns: Was schenken wir Gottes Kind zu Weihnachten? Liedstrophe: EG 37, 1 Ich steh an deiner Krippen hier... Die zweite Geschichte, die ich erzählen möchte, spielt auf einer Hochzeit. Zwei junge Leute wollen mit vielen Gästen ihr Fest feiern. Da sie arm sind, was jeder weiß, haben sie gebeten, dass jeder Gast einen Krug Wein mitbringt. Bevor die Feier nun losgeht schüttet jeder seinen Krug in das dafür vorgesehene Fass vor dem Festsaal. Doch wie groß ist das Erstaunen der Leute, als die Gastgeber dann die Gläser der Gäste füllen. Alle hatten nur Wasser in den Bechern! - Jeder hatte gedacht, sein Krug Wasser werde bei dem vielen Wein doch bestimmt nicht auffallen! Das Fest - so heißt es - fand nicht statt! Obwohl diese Geschichte nun wirklich nicht weihnachtlich ist, haben sie doch gemerkt: Sie ist ja wie das genaue Gegenstück zur Szene an der Krippe, da die Könige und Hirten ihre Gaben darbringen. Die Weisen waren nicht verpflichtet, ja, nicht einmal aufgefordert, Geschenke zu bringen - sie tun es gern und wie selbstverständlich. Die Festgäste aber waren ausdrücklich gebeten, einen Krug Wein als Gabe mitzubringen - sie haben alle nur schales Wasser dabei. - Liebe Gemeinde, wem gleichen wir zu diesem Weihnachtsfest? Liedstrophen: EG 37, 2+3 Da ich noch nicht geboren war... Noch einmal: Ich glaube einfach, wir spüren alle, dass es gut ist und angemessen, unserem Gott, der uns mit dem Kind in der Krippe so reich beschenkt nun auch etwas zu bringen. Oder begreifen wir das gar nicht mehr so richtig, was das eigentlich heißt: Gott wird Mensch dir Mensch zugute..., Christ der Retter ist da! der Herr wird Knecht und der Knecht zum Herrn... Ist das vielleicht viel zu sehr die alte unverständliche Sprache des Gesangbuchs? Dann will ich's anders sagen: Dein Leben hat Sinn - seit Gott in die Welt kam. Du bist getragen und gehalten in allem, was dir geschieht. Deine Schuld ist dir vergeben. Der da in der Krippe liegt geht für dich ans Kreuz. Du bist frei, kannst neu anfangen als ein Freund, eine Freundin Gottes. Und - das Beste, finde ich - du hast Zukunft über den Tod hinaus, musst dich also nicht fürchten. Ein ewiges Leben wartet, ein Fest ohne Ende, keine Krankheit mehr, kein Leid, keine Tränen... - Und da sollten wir heute mit leeren Händen an die Krippe treten? Da sollten wir den Wein zuhause lassen und Gott nur einen Krug mit Wasser bieten? Jetzt erzähle ich die dritte Geschichte, die handelt weder von Hirten noch von Königen noch von Hochzeitsgästen - die handelt von uns. Ja, es ist deine und meine Geschichte. Sie spielt heute Nacht (Abend), jetzt hier in der Kirche; sie entspinnt sich gerade eben, dort wo und an uns, so wie wir sind. Jawohl, das leuchtet uns ein: Diesem Kind in der Krippe müssen wir auch etwas schenken. Bloß, was haben wir denn dabei? Bevor wir nun in unserem Anzug kramen und in unserer Handtasche... Angemessen soll es sein! Gott braucht ja heute kein Gold, keine Wolle und auch keinen Wein. Aber es gibt ja auch ganz andere Gaben, die haben wir hier drinnen im Herzen und die geben wir gerne her oder wir sparen sie ängstlich, mit denen wollen wir nun auch Gott eine Freude machen oder wir halten sie voller Missgunst und Geiz zurück, so dass wir uns schämen müssen. - Ich glaube, wir möchten gern etwas schenken! So schreibe ich jetzt unsere Geschichte ganz langsam vor unseren Ohren auf und trage sie vor und hoffe, dass sie ehrlich ist und echt und vor allem wahrhaftig: Ich denke mir, da tritt nun die eine unter uns an die Krippe heran und sieht, wie gut es Gott doch mit ihr meint, wie gewaltig die Liebe sein muss, die den Herrn der Welt in einem Futtertrog liegen lässt und sie ist so angerührt davon, so überwältigt, dass sie zu dem Kind spricht: Herr, ich will dir auch meine Liebe schenken. Ich will den Menschen, die du mir zu Nächsten gemacht hast, die Liebe geben, die ich dir schulde. Das soll meine Gabe an dich sein zu dieser Weihnacht. Nun kommt auch ein Mann hervor aus dem Dunkel des Stalls und schaut dem Kind ins Gesicht. Er ist schon älter, das Leben hat ihn gezeichnet und seine Spuren in seinen Zügen hinterlassen. Er sagt diese Worte: Mein Herr, mein Gott, immer war ich unzufrieden mit meinem Schicksal. Immer dachte ich, anderen ginge es besser als mir, sie hätten mehr mitbekommen und du würdest sie mehr schonen und hättest sie lieber als mich. Jetzt sehe ich, dass du dir selbst auch nichts erspart hast. Ein Gott in einem Futtertrog! Ich bringe dir heute meinen Glauben, mein Vertrauen zu dir! Nimm es an. Ich will nie vergleichen, nie mehr fragen, was andere haben und wie es ihnen ergeht, ich weiß ja nicht deinen besonderen Weg mit ihnen und den eigenen Plan, den du mit ihnen hast. Wenn du mich nur in deiner Nähe bleiben lässt, an deiner Seite... Ich weiß, dann kann mir nichts geschehen, dann werde ich meine Zeit auf dieser Erde gut vollenden und habe ein Ziel. Nimm mein Vertrauen, Herr! Noch ein dritter erscheint nun vor der Krippe, einer der viele Güter in dieser Welt besitzt. Hören wir, was er sagt: Herr und Gott, an deiner Krippe wird mir deutlicher als sonst, wie arm ich bin. Die Leute meinen, ich wäre reich, aber das sind doch nur die Sachen, von denen ich viel habe. Wie leer es hier drinnen ist, das weißt ja nur du. In deinem Licht fühle ich, dass ich frei werden muss von den Dingen, vom Geld und allem, was man kaufen kann. Ich möchte es dir schenken und weiß ja, du brauchst es nicht. Aber ich kenne viele, die es brauchen - manchmal sogar, um zu überleben. So nimm du heute an, was ich jenen zuwenden will und mach' mich reich dadurch, dass ich ärmer werde. Liedstrophen: EG 37, 4+5 Ich sehe dich mit Freuden an... Liebe Gemeinde in dieser Heiligen Nacht! Die Geschichte geht noch weiter. So lange, bis auch der und die letzte von uns in den Glanz des Weihnachtslichts getreten sind. Einer bringt einen ehrlichen Vorsatz, der andere seinen guten Willen. Von Treue wird da gesprochen und von neuem Anfang, von Hilfe an denen, die sich selbst nicht helfen können und vom Nachbarn, dem man endlich wieder die Hand reichen wird und noch von manchen anderen Gaben, die nur jeder und jede persönlich an die Krippe bringen kann. - Soweit diese dritte Geschichte. Sie ist nun nicht zu Ende, hoffentlich nicht! Sie hat gerade begonnen. Sie geht da weiter, wo sie von heute an wahr machen, was sie dem Kind in der Krippe heute gern schenken würden. Denken sie doch nur, es wäre ihr Wein nur Wasser! Wie beschämend, wie arm. Das Fest fände nicht statt! Denken sie an die Könige, die Hirten... Wie selbstverständlich packen sie aus, was sie haben, jeder das, was er vermag. Und wie beglückt, wie froh gehen sie wieder nach Hause, wie reich beschenkt! Sie sind - obgleich sie ihre Gaben zurücklassen - nicht ärmer geworden, sondern unendlich viel reicher. - So findet das Fest statt. Ich wünsche Ihnen - in diesem Sinne - einen gesegneten Heiligen Abend und frohe Weihnachten! _______________________________________________ Beim folgenden Lied EG 36 (Fröhlich soll mein Herze springen... - mindestens die Str. 1 - 6) wird eine DIN A6-Karte mit dem in der Ansprache enthaltenen Text verteilt: Dein Leben hat Sinn - seit Gott in die Welt kam. Du bist getragen und gehalten in allem, was dir geschieht. Deine Schuld ist dir vergeben. Der da in der Krippe liegt geht für dich ans Kreuz. Du bist frei, kannst neu anfangen als ein Freund, eine Freundin Gottes. Und du hast Zukunft über den Tod hinaus, musst dich also nicht fürchten. Ein ewiges Leben wartet, ein Fest ohne Ende, keine Krankheit mehr, kein Leid, keine Tränen... - Und da sollten wir heute mit leeren Händen an die Krippe treten? (Vielleicht fügen wir ein Bild von einer Krippe hinzu?) Auf der Rückseite steht oben über: Das soll mein Weihnachtsgeschenk sein für den, der mich so reich beschenkt hat: Darunter ist Platz, eigene "Gaben" aufzuschreiben. Und so könnte die Karte aussehen: Vielleicht ermuntern wir vor der Segensbitte des Gottesdienstes noch einmal dazu, sich die Zeit wirklich einmal zu nehmen, und wenigstens eine "Gabe" zu notieren. "Es bleibt ja unter euch - unter dir und dem, den deine Gabe erfreut!" _______________________________________________ * Es dürfte nicht schwer sein, in traditionell geprägten Gemeinden, in denen der jeweilige Predigttext gepredigt werden soll, eine Brücke von Jh. 7, 28 - 29 zu der vorgelegten Ansprache zu schlagen. Stichwort ist vielleicht: Jesus ist von Gott gesandt. Einem Gesandten überreicht man ein Begrüßungsgeschenk. Was schenken wir ihm? - Diese Brücke ist allerdings zugegeben etwas eng und hölzern. M.G.