Predigt am 17. So. nach Trinitatis - 23.9.2018 Textlesung: Jes. 49, 1 - 6 Hört mir zu, ihr Inseln, und ihr Völker in der Ferne, merket auf! Der HERR hat mich berufen von Mutterleibe an; er hat meines Namens gedacht, als ich noch im Schoß der Mutter war. Er hat meinen Mund wie ein scharfes Schwert gemacht, mit dem Schatten seiner Hand hat er mich bedeckt. Er hat mich zum spitzen Pfeil gemacht und mich in seinem Köcher verwahrt. Und er sprach zu mir: Du bist mein Knecht, Israel, durch den ich mich verherrlichen will. Ich aber dachte, ich arbeitete vergeblich und verzehrte meine Kraft umsonst und unnütz, wiewohl mein Recht bei dem HERRN und mein Lohn bei meinem Gott ist. Und nun spricht der HERR, der mich von Mutterleib an zu seinem Knecht bereitet hat, dass ich Jakob zu ihm zurückbringen soll und Israel zu ihm gesammelt werde, - darum bin ich vor dem HERRN wertgeachtet, und mein Gott ist meine Stärke -, er spricht: Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, die Stämme Jakobs aufzurichten und die Zerstreuten Israels wiederzubringen, sondern ich habe dich auch zum Licht der Heiden gemacht, dass du seist mein Heil bis an die Enden der Erde. Liebe Gemeinde, ob wir das dürfen, dass wir diese Prophetenworte an „Israel“ so ganz auf uns Christen beziehen? Ob wir auch das als ein Wort an uns verstehen können: „...ich habe dich auch zum Licht der Heiden gemacht, dass du seist mein Heil bis an die Enden der Erde!“ Wir wollen es einmal wagen! Wir tun es ohne Hochmut, ohne die Frage zu besprechen, ob die Juden nach wie vor Gottes auserwähltes Volk sind oder ob wir Christen in Jesus Christus die Aufgabe Israels übernommen haben und jetzt weiterführen? Wir lassen damit auch die Möglichkeit offen, dass wir vielleicht alle - in unseren jeweiligen Religionen - die Wahrheit und die Strahlkraft unseres Glaubens bewähren sollen. - Können Sie das nachsprechen: „Der HERR hat mich berufen von Mutterleibe an; er hat meines Namens gedacht, als ich noch im Schoß der Mutter war?“ Sicher werden Sie zögern bei der Antwort. Das ist doch ein sehr großes Wort! Aber es kommt noch größer: „Du bist mein Knecht, durch den ich mich verherrlichen will.“ Und schließlich heißt es gar: „...ich habe dich auch zum Licht gemacht, dass du seist mein Heil bis an die Enden der Erde.“ Liebe Gemeinde, drücken wir uns einmal nicht vor diesem Anspruch! Vielleicht nämlich liegt darin nicht nur Aufgabe und Last, sondern auch Freude, Glück und Segen!? Denken wir uns einmal einen Menschen unserer Tage, denken wir, wie wir das wollen, entweder an einen Mann oder eine Frau, geben wir diesem Menschen das Lebensalter, das uns gefällt und stellen wir sie oder ihn in Beziehungen mit anderen, in einen Beruf, in Lebensumstände, die wir ihnen geben möchten... Und jetzt denken wir uns, dieser Mensch hört dieses Wort: „Der HERR hat dich berufen von Mutterleibe an!“ Was könnte das auslösen, dieses Wort, wenn der Mensch es ernst nähme? Ob er nicht überlegen wird, wie weit sein Leben dieser „Berufung“ bis heute gerecht geworden ist? Ob er nicht fragt: Wie er diese Aufgabe denn hätte erfüllen sollen? Und vielleicht fügt er auch das noch hinzu: Ob ich wohl heute noch diese Aufgabe übernehmen könnte? Und: Wie das denn aussehen würde? Was ich da denn tun müsste? Es könnte natürlich auch ganz anders sein: Dass einer oder eine, die mit diesen Gedanken konfrontiert wird, diesen Auftrag nämlich weit von sich weist! Dass er oder sie sagt: Das ist doch nichts für mich! Wie komme ich dazu, in solch eine Aufgabe einzutreten, zumal ich keine Ahnung habe, was da eigentlich von mir verlangt wird? Aber bleiben wir noch bei der ersten Möglichkeit: Dass sich der Mensch wirklich auf seine „Berufung“ besinnt und nun überlegt, wie er das in seinem Leben umsetzen kann... Und eben dieser Mensch hört nun das zweite große Wort: „Du bist mein Knecht (meine Magd), durch den (die) ich mich verherrlichen will.“ Und er fragt sich nun, wie das aussehen könnte, „Gott verherrlichen“? Und der Mensch hat auch Einfälle, Vorstellungen, Pläne sogar. Er könnte ein paar Veränderungen in seinem Leben vornehmen. Warum z.B. bei allem, was man sagt, nicht einmal fragen: „Was möchte Gott jetzt, das ich ausspreche und antworte?“ Und bei allem Tun, wie man sich verhält und handelt, abwägen, ob es gut ist, nötig, ob es hilft und dem Verhältnis zum Mitmenschen dient und ob es nicht auch ganz andere Möglichkeiten gäbe? Und vielleicht kann man sogar sein Denken ein wenig prüfen: Sollte man nicht endlich einmal auch die andere Seite einer Sache oder eines Menschen sehen? Könnte man nicht das eine oder andere Vorurteil aufgeben und dem Kollegen oder Nachbarn, den wir abgeschrieben haben, eine neue Chance geben? Ich glaube schon, dass man auf diese Weise „Gott verherrlichen“ kann. Denn unser Gott ist ja ein Gott, der mit uns geht, mit uns unterwegs ist, der sich wandelt, der mit uns seine Welt und seine Schöpfung gestalten und zum Besten seiner Menschenkinder verändern möchte. Aber bleiben wir bei unserem „Menschen“... Schließlich wird ihm auch das noch gesagt, ja, zugemutet: „...ich habe dich auch zum Licht gemacht, dass du seist mein Heil bis an die Enden der Erde.“ Ob er hier auch noch zustimmt? Oder ob ihm das nun doch zu groß, zu gewaltig erscheint? Nun, vielleicht kommt ja inzwischen etwas von dem Neuen, Guten, das von ihm ausgeht, auch zu ihm zurück? Wird er nicht, wenn er vorher gefragt hat, was Gott von ihm möchte, hinterher auch den Segen spüren, der darin liegt, das zu tun und zu sagen, was Gott will? Und wenn er in seinem Handeln ehrlich versucht, den Mitmenschen zu dienen, wird er da nicht auch die Freude auf ihrem Gesicht, den Glanz in den Augen und vielleicht sogar ein Wort des Dankes von diesen Menschen zurückerhalten? Und wenn er das eine oder andere Vorurteil denen gegenüber abtut, die er einst als verschroben, fragwürdig und nicht in Ordnung abgelehnt hat, wird er da nicht auch schöne, gute, bereichernde Erfahrungen machen? Und wenn er sich jetzt vielleicht sogar für ihre andere Lebensweise interessiert und ihnen unvoreingenommen gegenübertritt, werden ihm da nicht Erlebnisse geschenkt werden, die auch ihn selbst weiterbringen? Da kann es dann auch sein, dass unser Mensch merkt, dass er ja schon zu einem „Licht“ für seine Umgebung geworden ist. Auf einmal versteht er gewiss auch, was gemeint ist, wenn es heißt, einer wird zum „Heil“ seiner Mitmenschen. Und das alles wird ihm gar nicht mehr so „groß“ und unerreichbar vorkommen, vielmehr wunderbar und beglückend und - gar nicht so schwer ins wirkliche Leben zu übersetzen! Liebe Gemeinde, ich will Sie jetzt etwas fragen, das wird Sie gewiss überraschen: Was für einen Menschen haben Sie sich denn vorhin vorgestellt? War es nicht - wenn Sie eine Frau sind - auch eine Frau? Und haben sich die Männer nicht einen Mann gedacht? Und das Alter dieses Menschen? War er nicht in etwa unser Jahrgang? Und seine oder ihre Beziehungen? Der Beruf? Die Lebensumstände? Ist das nicht erstaunlich, wie das alles genau für uns passt und auf uns zutrifft? - Und da sollte jetzt die Erfahrung, die dieser Mensch mit den guten Worten Gottes hat machen können, nicht für uns gelten? Es ist so: Wir sind hier gemeint! Das sind Gottes Worte an uns: „Der HERR hat dich berufen von Mutterleibe an; er hat deines Namens gedacht, als du noch im Schoß der Mutter warst!“ - „Du bist mein Knecht, meine Magd, durch die ich mich verherrlichen will.“ - „...ich habe dich zum Licht gemacht, dass du seist mein Heil bis an die Enden der Erde.“ Wie groß sind diese Worte! Wie schön, dass Gott so viel mit uns vorhat. Welch ein Glück, dass er uns Aufträge gibt, Aufgaben für uns weiß und auch dabei hilft, sie zu erfüllen! Was mag er gerade von uns wollen - vielleicht schon lange? Wozu will er uns brauchen? Wofür hat er uns berufen, dass wir endlich hören und uns in seinen Dienst stellen? Welches Licht will er mit und durch uns anzünden? Ja, welchem Menschen will er durch uns sogar Heil schenken? Sind das nicht sehr interessante Fragen, auf die wir eine Antwort finden sollen? Sind das nicht spannende Erfahrungen, die auf uns warten? Ob wir mit Gottes Hilfe endlich einer anderen, vielleicht der Bestimmung unseres Lebens auf die Spur kommen? „Der HERR hat uns berufen von Mutterleibe an; er hat unseres Namens gedacht, als wir noch im Schoß der Mutter waren!“ - „Wir sind seine Knechte und Mägde, durch die er sich verherrlichen will.“ - „Er hat uns zum Licht gemacht, dass wir seien sein Heil bis an die Enden der Erde.“ Sind Sie nicht auch neugierig, wozu Gott uns haben will und wie und wohin er uns führen wird? AMEN