Predigt am 16. So. nach Trinitatis - 16.9.2018 Textlesung: Apg.12, 1-11 Um diese Zeit legte der König Herodes Hand an einige von der Gemeinde, sie zu misshandeln. Er tötete aber Jakobus, den Bruder des Johannes, mit dem Schwert. Und als er sah, dass es den Juden gefiel, fuhr er fort und nahm auch Petrus gefangen. Es waren aber eben die Tage der Ungesäuerten Brote. Als er ihn nun ergriffen hatte, warf er ihn ins Gefängnis und überantwortete ihn vier Wachen von je vier Soldaten, ihn zu bewachen. Denn er gedachte, ihn nach dem Fest vor das Volk zu stellen. So wurde nun Petrus im Gefängnis festgehalten; aber die Gemeinde betete ohne Aufhören für ihn zu Gott. Und in jener Nacht, als ihn Herodes vorführen lassen wollte, schlief Petrus zwischen zwei Soldaten, mit zwei Ketten gefesselt, und die Wachen vor der Tür bewachten das Gefängnis. Und siehe, der Engel des Herrn kam herein, und Licht leuchtete auf in dem Raum; und er stieß Petrus in die Seite und weckte ihn und sprach: Steh schnell auf! Und die Ketten fielen ihm von seinen Händen. Und der Engel sprach zu ihm: Gürte dich und zieh deine Schuhe an! Und er tat es. Und er sprach zu ihm: Wirf deinen Mantel um und folge mir! Und er ging hinaus und folgte ihm und wusste nicht, dass ihm das wahrhaftig geschehe durch den Engel, sondern meinte, eine Erscheinung zu sehen. Sie gingen aber durch die erste und zweite Wache und kamen zu dem eisernen Tor, das zur Stadt führt; das tat sich ihnen von selber auf. Und sie traten hinaus und gingen eine Straße weit, und alsbald verließ ihn der Engel. Und als Petrus zu sich gekommen war, sprach er: Nun weiß ich wahrhaftig, dass der Herr seinen Engel gesandt und mich aus der Hand des Herodes errettet hat und von allem, was das jüdische Volk erwartete. Liebe Gemeinde! Wie hören wir solche Geschichten? Können sie das glauben, dass hier ein Engel auftritt und Petrus befreit? War das so, wie wir es hier lesen: „Der Engel kommt in das verschlossene Gefängnis, die Ketten fallen von Petrus ab, die Wachen halten den Fliehenden nicht auf, Tore öffnen sich von selber...“ Kann das alles wirklich geschehen sein? So ganz angenehm sind uns diese Fragen nicht. Wir meinen ja immer, biblische Geschichten wären etwas Besonderes, Außergewöhnliches und man dürfe da auch nicht so fragen, ob das genauso passiert ist...es ist ja immerhin die Heilige Schrift, in der wir das lesen! Andererseits: Was nützen uns denn solche Geschichten, wenn wir sie eigentlich gar nicht glauben können? Dann halten wir ja auch nicht für möglich, dass uns ähnliches widerfährt! Aber warum sollen wir diese Geschichten dann überhaupt lesen oder hören, wenn sie doch eigentlich nur Märchen sind und wir so etwas nie erleben werden? Und wenn wir hier noch einen Augenblick verweilen, dann erinnern wir uns gewiss auch alle, dass wir schon manches Mal von Menschen unserer Umgebung hören mussten: „Ich kann so manches, was uns die Bibel erzählt, nicht glauben!“ - „Mit den Wundern, die berichtet werden, habe ich so meine Schwierigkeiten!“ Und vielleicht hat man uns sogar gefragt: „Sag mal, meinst du wirklich, dass aus Wasser Wein geworden ist und dass Jesus auf dem Wasser laufen konnte?“ - Wie verhalten wir uns, wenn so geredet und gefragt wird? Wie denken wir ehrlicherweise, wenn wir Geschichten mit solch wunderbarem Inhalt erzählt bekommen? Vielleicht blenden wir bei solchen Gelegenheiten einfach für eine Weile unseren Verstand aus. Das geht so: Kann ich auch eigentlich nicht glauben, was ich da höre, so sind die Geschichten doch schön, machen Freude und sprechen das Gemüt an. Das ist dann etwa so, als würden wir Märchen lesen: Natürlich wissen wir, dass es keine Gespenster, keine echten Zauberer und Hexen gibt, aber es gruselt uns doch so angenehm, wenn sie in den Märchen auftreten! Und gute Feen und sprechende Kater gibt es im Leben auch nicht, trotzdem lassen wir uns gern von ihnen ins Land der Phantasie mitnehmen! Oder wir mühen uns redlich, auch Dinge zu glauben, die wir eigentlich nicht wirklich glauben können! Das wird allerdings schwierig. Und gerade deshalb, weil uns das selbst so viel Energie kostet, sind wir auch sehr empfindlich, wenn uns jemand dann so anspricht: „Hältst du das denn ehrlich für wahr, dass einer mit fünf Broten und zwei Fischen 5000 Mann satt gemacht hat?“ Das bringt uns schnell in Rage und wir reagieren dann ärgerlich und unvernünftig, wenn wir sagen: „Das steht schließlich in der Bibel und auch du musst das glauben, wenn du ein Christ sein willst!“ Aber muss man das wirklich glauben? Und muss man es so glauben, wie es dasteht? Denn es gibt da noch eine Möglichkeit, wunderhafte Geschichten und wunderbare Taten zu verstehen, wie sie die Heilige Schrift doch an so vielen Stellen erzählt! Und ich bitte sie jetzt, mir erst eine Weile zuzuhören und nicht gleich zu denken, ich wollte die biblischen Wunder verkleinern oder gar sagen, sie gehörten wie Hexen und Zauberer oder sprechende Tiere ins Reich der Phantasie! Aber gehen wir erst zurück in die Geschichte von der Befreiung des Petrus aus dem Kerker. Wie war das: „Der Engel kommt in das verschlossene Gefängnis, die Ketten fallen von Petrus ab, die Wachen halten den Fliehenden nicht auf, Tore öffnen sich von selber...“ Ich glaube, die Bibel erzählt so manches Wunder, das wir nur ein wenig in unsere Zeit und unser Leben übersetzen müssen, dann erkennen wir, dass dieses Wunder ja nicht nur damals geschehen ist, sondern auch heute bei uns, für uns und an uns geschieht! Es hat damals nur sozusagen das Kleid der Wirklichkeit von dem Erzähler angelegt bekommen, was für die Menschen seiner Zeit auch überhaupt kein Problem war. Wenn wir diese Wirklichkeit von damals in die Wahrheit unseres Lebens übertragen, dann werden wir sehen: Die Wunder geschehen auch heute! Aber wir wollen das ganz praktisch tun: „Der Engel kommt in das verschlossene Gefängnis.“ Ich kenne viele Menschen, für die es in ihrem Leben eine Zeit gab, in der sie gefangen waren, verstrickt in Sucht oder Laster, gebunden durch Angst und Schuld. Aber sie sind durch die Botschaft von Gottes Liebe, von Jesus Christus und von seiner Vergebung befreit worden aus ihrem verkehrten Leben. Sie konnten mit Gottes Hilfe neu anfangen, umkehren und haben durch Jesus zu einem anderen Denken, zu Lebenssinn und Erfüllung gefunden. - Warum sollen wir das jetzt nicht so ausdrücken: Ein Engel Gottes ist zu ihnen gekommen und hat sie frei gemacht? „Die Ketten fallen von Petrus ab.“ Die Menschen, die erfahren haben, dass sie frei und froh geworden sind durch das Evangelium, hätten gewiss keine Schwierigkeiten damit, wenn wir nun sagten: Die Ketten, die sie gebunden haben, wurden ihnen abgenommen. Sie waren gefesselt, jetzt aber konnten sie wieder tun, was gut ist und auf Wegen gehen, die recht sind und ein Ziel haben. „Die Wachen halten den Fliehenden nicht auf.“ Wenn Menschen sich so ändern, wenn sie neu und anders werden, wie man sie nie gekannt hat, dann bekommen oft die anderen, die um sie herum sind, Probleme mit dieser Veränderung! Solche veränderten Menschen passen ja dann nicht mehr in das Bild, das wir uns von ihnen im Laufe vieler Jahre gemacht haben. Sie verlassen die Rolle, die wir ihnen doch zugewiesen haben, und es fällt uns nicht leicht, sie auch freizugeben. Wir sagen dann vielleicht: „Das ist nur ein Strohfeuer!“ Oder wir kleben an dem, was war und können uns nicht daran freuen, was jetzt geworden ist. Manchmal kann man dann von uns sogar so etwas hören: „Die ist unter der Maske immer noch die Alte! Der wird sich schon noch entpuppen, so kann sich keiner verwandeln, eher wird der Mond eckig!“ Aber es gibt eben auch die unter uns, die mit ihrem Verhalten mithelfen, dass die Menschen wirklich so werden und bleiben können, wozu die frohe Botschaft von Jesus Christus sie machen will. Und ich finde, das ist schon ein Wunder! Das ist dann eben so, als würden wir die nicht aufhalten, die ihrem bisherigen Leben entkommen wollen. Dann gleichen wir vielleicht „Wachen“, die eben niemanden bei dem verhaften, was er immer war, sondern ihn laufen lassen dorthin, wo Gott ihn haben und hinführen will. „Tore öffnen sich von selber.“ Hier will ich ganz persönlich werden! Nicht nur einmal habe ich das erlebt! Wenn ich mich vor einem Dienst sehr gefürchtet habe und wenn der dann so gut ausgefallen und bei den Menschen angekommen ist. Oder wenn ich mir große Sorgen gemacht habe, wie dieses oder jenes wohl ausgehen wird? Am nächsten Morgen schon war alles geklärt, die Sorgen hatten sich in Freude und in Dankbarkeit aufgelöst. Ich bin ganz gewiss, sie kennen auch solche Erfahrungen! Ist das nicht wirklich genau so, als öffneten sich für uns Türen, die vorher verschlossen waren? Und war das nicht oft genug wirklich wie ein Wunder für uns, wenn es geschehen ist? Und ich will mich nun gar nicht darum herumdrücken, auch noch die Wunder Jesu auf die gleiche Weise zu sehen und zu deuten - auch sie werden durch diese Sicht nicht kleiner, sie kommen uns nur näher, werden persönlich und lebendig! „Bei Jesus wird aus Wasser Wein.“ Das kann sicher jeder Christ bestätigen, der durch Jesus von Sünde und Schuld frei geworden ist und durch ihn und sein Wort ein gutes, erfülltes und frohes Leben gefunden hat. Da hat man doch genau das erleben können: Aus dem schalen Wasser eines Lebens ohne Glauben, ohne Halt und Hoffnung ist eines geworden, das rund und voll ist wie ein guter Wein. „Jesus konnte auf dem Wasser laufen.“ Wer die Macht Jesu über den Tod glauben kann, wer seine Vergebung aller Schulden empfangen hat und durch ihn froh geworden und erlöst ist, der hat doch genau dies erfahren: Jesus zieht uns herauf aus dem Wasser, in dem wir ohne ihn versinken müssen. Er ist über allen Mächten, Herr über alles und gibt uns teil daran, dass auch wir Herr über das werden können, was uns bedroht und unterkriegen will. „Jesus macht mit fünf Broten und zwei Fischen 5000 Mann satt.“ Hier wird schließlich ein Wunder berichtet, das Christen aller Zeiten, in aller Welt immer wieder erleben durften: Bei Jesus Christus werden wir satt. Bei ihm kommt unsere Suche nach erfülltem Leben zum Ziel. Er stillt den Durst nach Lebenssinn. Er hilft, wenn wir den Hunger nach Geborgenheit und Frieden in unserer Seele spüren. Und er kann das sogar ganz ohne Brot und Fische zum Essen und ohne Wasser zum Trinken tun! Allein sein gutes Wort und dass wir darauf hören, ist genug! Liebe Gemeinde, ich glaube nicht, dass wir mit einer solchen Deutung die Wunder der Geschichten der Bibel geringschätzen. Im Gegenteil! So gewinnen sie Kraft und Wirklichkeit - nicht damals, sondern heute! Und um was anderes als unser Leben heute, kann es denn in der Bibel gehen? So wünsche ich Ihnen jetzt, nicht dass Sie die Wunder damals für wirklich halten, sondern, dass Sie die Wahrheit der Taten Gottes und der Wunder Jesus Christi heute erfahren und seine Macht heute glauben können. Ich wünsche Ihnen, dass Gottes Engel sie aus dem Kerker befreit, in dem Sie gefangen liegen, dass alle Ketten, die Sie binden, abfallen, dass niemand von Ihren Mitmenschen Ihnen im Wege steht, wenn Sie sich so entwickeln und verändern, wie Gott Sie gemeint hat und dass die Tür in eine helle, hoffnungsvolle und gesegnete Zukunft für Sie aufspringt! AMEN