Predigt am 1. So. nach Trinitatis - 3.6.2018 Textlesung: Jer. 23,16 - 29 So spricht der HERR Zebaoth: Hört nicht auf die Worte der Propheten, die euch weissagen! Sie betrügen euch; denn sie verkünden euch Gesichte aus ihrem Herzen und nicht aus dem Mund des HERRN. Sie sagen denen, die des HERRN Wort verachten: Es wird euch wohlgehen -, und allen, die nach ihrem verstockten Herzen wandeln, sagen sie: Es wird kein Unheil über euch kommen. Aber wer hat im Rat des HERRN gestanden, dass er sein Wort gesehen und gehört hätte? Wer hat sein Wort vernommen und gehört? Siehe, es wird ein Wetter des HERRN kommen voll Grimm und ein schreckliches Ungewitter auf den Kopf der Gottlosen niedergehen. Und des HERRN Zorn wird nicht ablassen, bis er tue und ausrichte, was er im Sinn hat; zur letzten Zeit werdet ihr es klar erkennen. Ich sandte die Propheten nicht, und doch laufen sie; ich redete nicht zu ihnen, und doch weissagen sie. Denn wenn sie in meinem Rat gestanden hätten, so hätten sie meine Worte meinem Volk gepredigt, um es von seinem bösen Wandel und von seinem bösen Tun zu bekehren. Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der HERR, und nicht auch ein Gott, der ferne ist? Meinst du, dass sich jemand so heimlich verbergen könne, dass ich ihn nicht sehe? spricht der HERR. Bin ich es nicht, der Himmel und Erde erfüllt? spricht der HERR. Ich höre es wohl, was die Propheten reden, die Lüge weissagen in meinem Namen und sprechen: Mir hat geträumt, mir hat geträumt. Wann wollen doch die Propheten aufhören, die Lüge weissagen und ihres Herzens Trug weissagen und wollen, dass mein Volk meinen Namen vergesse über ihren Träumen, die einer dem andern erzählt, wie auch ihre Väter meinen Namen vergaßen über dem Baal? Ein Prophet, der Träume hat, der erzähle Träume; wer aber mein Wort hat, der predige mein Wort recht. Wie reimen sich Stroh und Weizen zusammen? spricht der HERR. Ist mein Wort nicht wie ein Feuer, spricht der HERR, und wie ein Hammer, der Felsen zerschmeißt? Liebe Gemeinde! „So spricht der Herr: Hört nicht auf die Worte der Propheten, die euch weissagen! Sie betrügen euch; denn sie verkünden euch Gesichte aus ihrem Herzen und nicht aus dem Mund des Herrn. Sie sagen denen, die des Herrn Wort verachten: Es wird euch wohlgehen, und allen, die nach ihrem verstockten Herzen wandeln, sagen sie: Es wird kein Unheil über euch kommen.“ Was für Verse! Wie gewaltig - und wie ernst! Und wie viele Fragen tun sich da auf: Gibt es denn überhaupt noch Propheten in unseren Tagen? Wo oder wie weissagen sie? Woran sollen wir erkennen, ob sie die Wahrheit reden? - Gehen wir diesen Fragen einmal nach: Gibt es noch Propheten? Was war denn ein Prophet zur Zeit des Jeremia? Einer der Gottes Willen verkündete. Einer, der aufstand in der Volksversammlung oder im Gottesdienst und eine Botschaft ausgerichtet hat, die oft keiner hören wollte. Einer, der angefeindet wurde, den sie mundtot machten und nicht zu Wort kommen lassen wollten. Aber auch einer, der trotz Anfeindung und Verfolgung bei seiner Botschaft blieb, der jede Gelegenheit wahrgenommen hat, seine Predigt an die Leute zu bringen. Warum? Weil er wusste, das ist Gottes Wort, das ich sage! Weil er dieses Wort verkündigen musste! Weil er nur ein Werkzeug war, das ein anderer führte, nur Stimme und Mund - Gottes! Und wir wissen: Die Propheten haben sich nicht danach gedrängt, Gottes Mund zu werden! Gerade Jeremia wollte ganz und gar nicht: „Ach, Herr, ich tauge nicht zu predigen; denn ich bin zu jung.“ Er hatte sich drücken wollen. Gott aber hatte ihn dennoch gesandt: „Sage nicht: „Ich bin zu jung“, sondern du sollst gehen, wohin ich dich sende und predigen alles, was ich dir gebiete.“ Aber es gab auch andere Propheten, Leute, die diesen Namen eigentlich nicht verdienten. Die Könige hielten sie sich an ihren Höfen. Sie waren bezahlte Schönredner, Weißfärber und Wortverdreher: „Was ist Euer Entschluss, die Armen im Land höher zu besteuern, doch so weise, mein König!“ - „Es ist der Wille Gottes, dass ihr das Land eures Nachbarn mit Krieg überzieht!“ - „Ihr sollt euch Götzen und Stierbilder machen und sie anbeten, der lebendige Gott will in toten Gegenständen wohnen.“ Solche und andere Lügen verkündigten diese „Propheten“. Und sie wurden reich dabei. Keiner verfolgte sie. Sie waren beliebt und angesehen - gerade wegen ihrer Lügen. Gibt es heute noch Propheten? Ja! Besonders die von der zweiten Sorte, die diesen Namen nicht verdienen. Aber auch die anderen treten hie und da auf. Oft gegen ihren eigenen Willen. Seltene Exemplare einer „aussterbenden Rasse“. Die anderen, die Schwätzer und Heilsverkünder, sind in der Überzahl. Wir hören sie halt lieber. Wer lässt sich nicht gerne sagen, dass bei ihm alles in Ordnung ist, dass er gottgefällig lebt, dass seine Zukunft rosig ausschaut? Wo oder wie weissagen die Propheten heute? Im Fernsehen zum Beispiel. Wie meinte die Moderatorin der neuen Sendereihe vor Tagen: An Ihnen (sie sprach mit einem berühmten Schauspieler) kann man doch sehen, dass auch die ganz kleinen Leute eine Chance haben, nach oben zu kommen! Das ist falsch geweissagt! Das sind Hoffnungen geweckt, die nur enttäuscht werden können! Denn „da oben“ sitzen die Leute ganz fest. Da ist kein Platz für die Kleinen, die hoch wollen. Mit Klauen und Zähnen wird der Ruhm verteidigt, der Erfolg, das Geld... Und wenn es einer schaffen würde, dort hinauf zu kommen, dann wäre er nicht mehr der kleine Träumer, der er war...er wäre ein eiskalter Macher und Realist geworden. Auch im religiösen Bereich weissagen falsche Propheten: Alle, die behaupten, unser Werk und Tun könnte uns erlösen, verkündigen nicht den Willen Gottes! Alle, die sagen, es läge an unserem Eifer, unserem Wohlverhalten, unserer guten Absicht, sprechen von ihren eigenen Träumen. Alle, die uns einreden wollen, unser Heil hätte diese oder jene menschliche Voraussetzung, lügen! Gott hat seinen Sohn Jesus Christus für unsere Schuld sterben lassen. Auf Golgatha wurde das Opfer gebracht, das gilt. Am Kreuz hat einer für uns verdient, was vor Gott zählt. Dieser Tod hat Gott versöhnt. Und nichts anderes! Darauf sollen wir uns verlassen im Leben und im Sterben, nicht auf unsere Bekehrung, auf unsere Sündenerkenntnis, unsere guten Taten, unser Zeugnis für unseren Herrn... Alles das mag danach kommen. Das erste ist der Tod meines Herrn - für mich und alle Menschen, dass ich eben nicht mehr glaube, ich könnte es selbst machen, mir selbst verdienen, was Gott gefällt, mich selbst versöhnen mit ihm... Und das müssen wir uns heute auch noch anhören: Wir sind auch oft selbst solche falschen Propheten! Mal mit Worten, mal ohne Worte: Wir lassen unsere Kinder in eine Zukunft gehen, die keine Verheißung hat. Sie sind am Geld, am Materiellen orientiert und wissen oft nichts mehr von Gottes Anspruch auf ihr Leben. Sie jagen dem Vergnügen nach, kreisen oft sehr um sich selbst...werden am Ende todunglücklich, bitter und enttäuscht dabei, aber wir warnen sie nicht! Wir schweigen oder reden undeutliches Zeug. So vergehen die Jahre, die Jugend, die Möglichkeiten, das Leben noch herumzureißen. Einmal werden wir uns sagen lassen müssen: Warum hast du mich nicht gewarnt? Warum hast du mich nicht zurückgehalten? Warum hast du's nicht lauter gesagt? Auch im Umgang mit anderen Mitmenschen verkündigen wir falsch: Wie jemand mit seinen Nachbarn, Lehrlingen oder Kindern umgeht, hat immer auch mit uns zu tun. Wenn wir den Mund halten, wenn Unrecht geschieht, dann wird das diesen Menschen bestätigen: Ei, ich verhalte mich ja offensichtlich richtig, keiner findet was dabei! Und wenn wir einen anderen um irgendeines Vorteils willen hofieren, wenn wir vor ihm dienern, dass er uns nur nicht seine Macht spüren lässt, wenn wir uns aus Angst vor Schaden oder Verleumdung lieber hübsch raushalten - dann verkündigen wir die Lüge! Dieser Mensch kann durch uns sein Unrecht nicht begreifen, nicht bereuen, sich nicht verändern... Aber, Gott sei Dank!, gibt es auch die echten Propheten. Selten wie weiße Elefanten. Meistens abgelehnt von den Menschen - aber sie haben die Botschaft, die befreit und heilt. Oft gar nicht freiwillig oder gar gern - und sie müssen das Wort, das ihnen aufgetragen ist, doch ausrichten. Immer sagen sie Worte, die uns schwer eingehen, gegen die wir uns sperren - und es liegt doch so viel daran, dass wir sie begreifen und beherzigen! Und - das finde ich das Wichtigste! - wir können selbst auch solche Propheten werden, noch heute! Es liegt ja nicht an uns, ob wir zu jung oder zu alt sind, ob wir uns geeignet finden oder unfähig. Gott will uns senden und die Worte eingeben. Wir müssen bereit sein! Und noch die letzte Frage: Woran erkennen wir, dass die Propheten die Wahrheit reden? Das ist ja doch inzwischen deutlich geworden: Die Wahrheit, die Gott meint, ist selten das, was uns bestätigt. Die Wahrheit ist vielmehr meistens etwas, was noch nicht ist, was wir noch nicht haben, wie wir noch nicht leben oder miteinander umgehen. So kann man wohl leichter sagen, „woran wir erkennen, dass die Propheten die Unwahrheit reden“? Wo sie uns sagen, was uns gefällt, sollten wir aufhorchen! Wo wir nach ihren Worten zu uns sprechen können: Das habe ich schon immer gewusst! Vorsicht! Wenn uns ihre Rede wohlige Schauer über den Rücken jagt, Achtung! Das sind falsche Propheten! Ihr Wort stammt nicht von Gott! Sie predigen Gesichte aus ihrem Herzen und nicht aus dem Mund des Herrn! Sie verkündigen ihre eigenen Träume! Und die wahren Propheten? Sie kränken uns vielleicht einmal mit dem, was sie uns sagen - aber wir spüren genau: Das ist richtig! Sie sagen uns die Meinung, wir möchten ihnen vielleicht am liebsten die Freundschaft aufkündigen - aber wir merken hinter ihren Worten: Die Wahrheit, die Liebe, das aufrichtige Bemühen um uns... Sie predigen uns vielleicht, dass unser ganzes Leben falsch angelegt war, dass wir verloren sind, wenn wir so weitermachen, dass unser Weg in die Irre oder das Verderben führt - und wir ahnen doch ganz genau: Sie haben recht, wir vertrödeln unsere Jahre, wir sind in der falschen Richtung unterwegs, wir verkommen nutzlos für andere, unsere Tage haben keinen Sinn... Liebe Gemeinde! Ja, es gibt noch Propheten! Auch die wahren Propheten sind noch nicht ausgestorben. Auch wir können noch heute für andere zu solchen Propheten werden. Die wahre Verkündigung werden wir daran erkennen, dass sie uns in Frage stellt und nicht bestätigt, wie wir sind. Ich wünsche uns die Kraft, die Wahrheit der Propheten zu ertragen und zu beherzigen. Ich wünsche uns, dass wir auch selbst bereit sind, für andere solche Propheten zu werden. Gott braucht unseren Mund und unsere Stimme - heute mehr denn je. AMEN