Predigt am Sonntag „Exaudi“ - 13.5.2018 Textlesung: Jer. 31, 31 - 34 Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen, nicht wie der Bund gewesen ist, den ich mit ihren Vätern schloss, als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägyptenland zu führen, ein Bund, den sie nicht gehalten haben, ob ich gleich ihr Herr war, spricht der HERR; sondern das soll der Bund sein, den ich mit dem Hause Israel schließen will nach dieser Zeit, spricht der HERR: Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein. Und es wird keiner den andern noch ein Bruder den andern lehren und sagen: „Erkenne den HERRN“, sondern sie sollen mich alle erkennen, beide, klein und groß, spricht der HERR; denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken. Liebe Gemeinde! In manchen mutlosen Stunden meine ich ja auch, dass ich mir nur etwas vormache! Aber dann kommen auch wieder Zeiten, Tage, Wochen gar, da bin ich ganz sicher: Gott hat längst angefangen, so an uns zu tun, wie es hier beschrieben ist: „Ich will einen neuen Bund schließen“; „ich will mein Gesetz in ihr Herz geben“, „es wird keiner den andern lehren, sondern sie sollen mich alle erkennen“. Und Gott sei Dank stimmt auch - seit Karfreitag - der letzte Satz dieser Verse: „Ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken.“ Ich kann mir vorstellen, dass Sie das anders sehen. Zunächst wahrscheinlich haben Sie noch gar nicht recht begriffen, worum es mir geht. Darum noch einmal: Ich glaube, Gott schließt auch in diesen Tagen immer wieder neu einen Bund mit seinen Menschen. Er sagt sein Gesetz in unser Herz und wir bedürfen im Grunde keiner des anderen Unterweisung. Gott spricht persönlich - mit jedem von uns. Und er lässt all unsere Fehler und Sünden vergessen sein - um Christi willen. Gut, sagen sie jetzt vielleicht. Aber was heißt das? - Nun, es würde das Ende unseres Lamentierens bedeuten. Sie wissen ja, wie ich auch, dass wir diese Welt heute als einen bösen und ziemlich gottverlassenen Ort ansehen. Haben sie nicht erst neulich gesagt: „Es wird immer schlimmer!“ Und denken Sie nicht im tiefsten Grunde ihres Herzens auch oft, dass diese Zeit schnurstracks auf das Ende zuläuft? Und habe ich nicht erst neulich so gesprochen: „Wir erleben in unseren Tagen einen Verfall aller Werte, die noch vor wenigen Jahren gegolten haben. Wo soll das nur hinführen?“ Wenn die Verse von heute gelten, dann ist all dieses Denken verkehrt und nicht im Sinne Gottes! Denn er will einen Bund mit uns schließen. Er will uns nicht fallen lassen. Er nimmt uns an der Hand und hält uns. Wir sollen sein Volk sein und er will unser Gott sein. - Aber nun noch einmal die Rückfrage: Stimmt das wirklich? Gilt uns dieses Wort? Ist das nicht ein sehr altes Stück des Prophetenbuchs „Jeremia“ in eine ganz andere Zeit hineingesagt und an ganz andere Leute? Das letzte zuerst: Natürlich sind die Worte sehr alt. Natürlich hat Jeremia sie an ganz andere Menschen gerichtet. Und natürlich war die Zeit eine andere. Das aber trifft auf alle Texte der Bibel zu. Wie schon unsere Konfirmanden wissen, sind ja die neutestamentlichen Stücke vor bald 2000 Jahren niedergeschrieben. Die Jeremiaverse von heute sind sogar noch 600 Jahre älter. Aber fragen wir so bei anderen Texten? Glauben wir nicht, dass unser Leben wie das aller Menschen aus Gottes Hand hervorgegangen ist - auch wenn die biblische Geschichte dazu schon vor 3 1/2 Jahrtausenden erzählt wurde? Stört uns das Alter bei der wunderbaren Geschichte von Jesu Geburt? Ist uns je in den Sinn gekommen die Worte Jesu anzuzweifeln, nur weil er sie in eine ganz andere Zeit hineingesagt hat und weil die Menschen damals auch noch anders lebten als wir heute? Was ich sagen will: Wir haben es bei den Versen der Bibel mit Worten zu tun, die zwar die Farben, die Formen und die Bilder ihrer Zeit tragen, die aber doch auch zeitlos sind: Immer schon ist und war Gott der Schöpfer und Erhalter des Lebens. Immer schon ist er die Liebe. Immer schon wollte er die Menschen über dieses kleine irdische Leben hinausführen in die Weite eines ewigen. Immer schon legt Gott uns nicht fest auf das, was wir bis heute waren, sondern gibt uns die Chance zu werden, was wir in seinen Augen schon sind. Und so gelten auch diese Worte - die schon den Menschen vor bald 3000 Jahren gegolten haben - auch für uns, für heute: Ich will einen neuen Bund mit euch schließen, ich will euch nicht fallen lassen, ich will euch vergeben, ihr sollt mich erkennen... - Aber was sieht man davon? Woran erkennen wir, dass es wahr ist? Weil das, wie ich glaube, eine sehr persönliche Sache ist, will ich persönlich reden: Ich habe ja jetzt schon zweimal gesagt, wie ich mich manches Mal fühle und wie auch ich oft rede: Gar nicht hoffnungsvoll! Vielmehr auch deprimiert und mutlos, so als stünde das Weltende unmittelbar bevor. Dann aber - ich weiß nicht wie und woher - kommt wieder eine unbändige Zuversicht in mein Herz, eine gewisse Hoffnung, ein fester Glaube, eine alles überwältigende Freude... Da spüre ich, dass es stimmt: Gott schließt einen Bund mit mir. Er schweigt nicht. Er redet und handelt an mir, mit mir und hoffentlich auch durch mich an anderen. Das sind Stunden, in denen ich Gott erkenne, Tage, an denen ich genau weiß: Gott ist in der Nähe, nur eine ausgestreckte Hand weit... Er hat einen Bund mit mir geschlossen - und er bricht ihn nicht! Mir kann nichts geschehen. Wie geht es Ihnen damit? Haben Sie Ähnliches schon erlebt? Bestimmt würden jetzt manche von Ihnen antworten: Genauso ist es auch mir schon oft gegangen. Einige freuen sich jetzt vielleicht sogar, dass ich einmal ausgesprochen habe, wie es auch ihnen immer wieder geht. Denn das sind wunderbare Erfahrungen, von denen man einfach reden muss! Aber es gibt hier auch die anderen. Denen ist noch keine Erfahrung der Nähe Gottes geschenkt worden - wie sie sagen würden. Ich halte dagegen: Vielleicht wart ihr auch nicht aufmerksam genug? Oder ihr habt nicht begriffen, von wem der Wink kam, die Hilfe, der Trost, das Lächeln nach den Stunden der Angst und der Sorge. Wir schreiben uns ja so gern alles selbst zu - besonders natürlich das Gute, wenn es aufwärts geht nach schwerer Zeit und wir „unser Leben wieder in den Griff bekommen“, wie wir dann sagen. Aber das ist Gott, wenn wir aufatmen können. Das ist sein Wirken, wenn wir trotz aller bösen Gedanken wieder zum Lachen finden. Da berührt uns sein guter Geist, wenn die Wolken über unserem Kopf sich verziehen und die Sonne wieder durchbricht. Ich bin fest überzeugt, liebe Gemeinde, bald täglich streckt Gott jedem von uns seine Hand hin, dass wir einschlagen und den Bund mit ihm schließen, den er uns hier anbietet: Dass er für uns sorgt und wir ihm vertrauen. Und wir haben ihn schon erkannt oder doch zumindest geahnt, dass er es ist, der sich an uns und unserem Schicksal offenbart hat. Gehen wir doch einmal in uns und betrachten wir ganz nüchtern und mit der angemessenen Demut unser Geschick: Was soll Gott uns denn noch alles schenken, dass wir es begreifen: „Ich will einen Bund mit euch schließen; ihr sollt mich erkennen; ihr müsst nicht einer den anderen belehren, denn ich will euch selbst alles Nötige ins Herz geben...“ Reicht es noch nicht, dass wir im Wohlstand leben dürfen, noch - unserem jeweiligen Alter entsprechend - einigermaßen gesund sind, es uns an nichts fehlt, wir doch jeden Luxus haben und schon so lange Frieden und dann die Aussicht eines Lebens nach diesem... Was soll Gott uns denn noch tun? Wenn wir einmal von daher schauen, erscheint da nicht alles, was wir an dieser Zeit und ihren Menschen beklagen, in einem anderen Licht: Die Bosheit, der Verfall der Werte, die schlimmen Entwicklungen... Wohlgemerkt: Das ist nicht aufgehoben durch diese andere Sicht. Aber es ist nicht mehr alles, was wir wahrnehmen. Auf der anderen Seite gibt es auch die Hilfe Gottes, seinen Beistand, deutliche Bewahrungen, sein Wort, das uns trifft...alles das, was seinen Bund mit uns ausmacht. Gottlos jedenfalls, wie wir schon manchmal dachten, gottlos ist diese Welt nicht! Und hoffnungslos ist sie von daher auch nicht. Vielmehr gilt es uns, wie es schon vor drei Jahrtausenden gegolten hat und wie es immer gelten wird, so lange Menschen auf dieser Erde wohnen: „Ich will einen Bund mit euch schließen. Ihr sollt mich erkennen, klein und groß. Ich will mein Wort in euer Herz und euren Sinn schreiben. Ich will euch vergeben und eurer Sünde nimmermehr gedenken.“ - Welch eine Chance gibt uns Gott - immer wieder! Vielleicht müssen wir wirklich ein wenig genauer auf seine Zeichen achten, auf die Taten, die er uns täglich tut und auf die Worte, die er in unserem Leben spricht!? AMEN