Predigt am Buß- und Bettag - 23.11.2017 Textlesung: Mt. 12, 33 - 37 Nehmt an, ein Baum ist gut, so wird auch seine Frucht gut sein; oder nehmt an, ein Baum ist faul, so wird auch seine Frucht faul sein. Denn an der Frucht erkennt man den Baum. Ihr Schlangenbrut, wie könnt ihr Gutes reden, die ihr böse seid? Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über. Ein guter Mensch bringt Gutes hervor aus dem guten Schatz seines Herzens; und ein böser Mensch bringt Böses hervor aus seinem bösen Schatz. Ich sage euch aber, dass die Menschen Rechenschaft geben müssen am Tage des Gerichts von jedem nichtsnutzigen Wort, das sie geredet haben. Aus deinen Worten wirst du gerechtfertigt werden, und aus deinen Worten wirst du verdammt werden. Liebe Gemeinde, gut, es ist Buß- und Bettag! So ein bisschen haben wir das ja erwartet, dass wir heute nicht ganz ungeschoren wegkommen, dass es um ernste Themen geht, um Sünde, Schuld und Umkehr. Aber das ist denn doch zu hart: „Ihr Schlangenbrut, wie könnt ihr Gutes reden, die ihr Böse seid!“ Und auch das baut uns nicht gerade auf: „...nehmt an, ein Baum ist faul, so wird auch seine Frucht faul sein.“ - Was machen wir jetzt aber mit solchen Sätzen? Ich hoffe, wir schließen unsere Ohren nicht und machen die Tür unseres Herzens nicht zu! Das wäre schade. Denn ich finde, auch in diesen harten Worten ist noch viel, was uns weiterbringt, hilft und sogar tröstet. Aber das will, das muss ich erklären! Vielleicht haben wir ja ein wenig ungenau hingehört. Mit Schlangenbrut nämlich werden nicht wir, sondern die damaligen Hörer bezeichnet. Wir können also sagen: Da sind ja die Pharisäer gemeint! Mit denen hatte Jesus nämlich gerade gesprochen. Aber wir könnten es auch noch aus anderen Gründen stehenlassen, denn ist es nicht einfach wahr: „...wie könnt ihr Gutes reden, die ihr Böse seid!“ Ist es nicht wirklich so, dass böse Menschen Böses sagen und tun? Wie sollten sie denn Gutes reden und schaffen? Und wenn wir es von daher sehen, stimmt denn nicht auch alles andere und ist es nicht vernünftig: „Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über...an der Frucht erkennt man den Baum...ein guter Mensch bringt Gutes hervor, ein böser, Böses...“ Wie gesagt, vielleicht gefällt uns das nicht aufs erste Hören, aber bei einigem Nachdenken ist es doch wahr! Und es ist eben auch mit unserer Vernunft einzusehen, verständlich und logisch. Sollen wir Jesus vorhalten, wenn er die Wahrheit sagt? Sollen wir uns darüber aufregen, wenn er ausspricht, was vernünftig ist und was wir doch eigentlich auch schon wussten: Dass gute Menschen Gutes tun und böse Böses? Liebe Gemeinde, ich glaube, da steht am Ende ein Satz, der uns viel mehr und auch berechtigter aufregen müsste! Ich meine diesen: „Ich sage euch aber, dass die Menschen Rechenschaft geben müssen am Tage des Gerichts von jedem nichtsnutzigen Wort, das sie geredet haben.“ Ich finde, hier liegt der Anstoß! Das ist hart und beängstigend! Aber - Gott sei Dank! - auch hier finden wir noch Trost und helfende Gedanken, und die liegen darin, was Jesus nicht sagt, was er eben nicht ausspricht. Aber ich will nicht in Rätseln reden, sondern klar und deutlich: Nirgends hören wir, dass der böse Mensch böse bleiben müsste! Nirgends lesen wir, dass ein fauler Baum faul sein müsste für alle Zeit! Nichts ist festgelegt, wir Menschen sind es schon gar nicht. Wir können gut werden, wenn wir bis heute auch böse waren. Wir können die Fäulnis, die uns vielleicht angekränkelt hat, ablegen. Wir können einen guten Schatz in uns sammeln und aus ihm hervorbringen, was gut ist und nützlich und den Menschen Freude macht und ihnen dient. Wir können wachsen, uns ändern, bessern, so dass wir einmal leicht und gern Rechenschaft ablegen von jedem Wort, das wir gesprochen haben! - Aber wie geht das? Wo hören wir davon, wie wir es anstellen müssen, dass wir gut werden und rechte und hilfreiche Worte sagen? Vielleicht meinen wir jetzt, Jesus ließe uns hier allein! Nachdem er all die richtigen, vernünftigen Sätze gesprochen hat, gibt er uns keinen Hinweis, wie wir es denn nun schaffen sollen, so zu werden, dass wir im Gericht bestehen. Und das stimmt auch. Hier gibt es scheinbar keinen Wink, kein Rat, keine Anweisung. Aber ich frage Sie und mich: Wissen wir nicht längst wie das geht: Gut werden, bessern, uns verändern? Wenn ich den anschaue, der hier spricht, Jesus, dann weiß ich doch, was er von mir will, dann kenne ich doch den Weg hinter ihm her, den ich gehen muss, um besser zu werden, so, wie Gott mich haben will. Und wenn ich schließlich noch daran denke, was er am Ende seines Lebens in dieser Welt für mich tut, dass er leidet und stirbt, um meine Sache mit Gott in Ordnung zu bringen, dann weiß ich auch, dass es geht, dass es gelingen kann: Wenn doch sogar der Tod überwunden ist durch ihn, wie sollte mich dann mein Wesen halten können, das ich heute noch habe? Aber wir wollen das nicht nur in tiefen, gesetzten Worten hören, wir wollen es in die kleine Münze unseres Lebens und unserer Erfahrung wechseln: Wie geht das, gut zu werden, sich ändern und bessern? Ich glaube, das beginnt immer damit, dass ich einmal stehenbleibe auf dem Weg, den ich da schon lange und immer weiter und weiter gehe. Dass ich wahrnehme, wo ich jetzt bin in meinem Leben. Dass ich schaue, wovon ich einmal ausgegangen bin, auch was meine Pläne waren, meine Wünsche, meine Träume... Dass ich einmal hinsehe, was aus allem geworden ist, was ich einmal erreichen wollte, wovon ich gesagt habe, das ist Ziel meines Lebens, da möchte ich mitwirken, mithelfen, etwas bewegen. Ich glaube nicht, dass unsere Lebenspläne aufgegangen sind darin, dass wir ein Haus bauen, diese oder jene materiellen Güter besitzen und uns einen gesicherten Lebensabend erarbeiten wollten. Und ich glaube nicht, dass es alles war, was wir erträumt haben, wenn wir heute da sind, wo wir sind und so denken und leben, wie es jetzt halt bei uns steht. Ich glaube fest, dass wir alle auch noch mehr erreichen wollten, dass unser Leben wesentlicher und erfüllter sein sollte, als es heute ist. Und vor allem glaube ich, dass unser Leben noch so werden kann! Mir kommt dazu eine Fernsehwerbung in den Sinn, in der eine junge Frau vor dem Spiegel steht und an sich herabschaut und sich ganz offensichtlich gefällt. Wir hören dann dazu eine kleine Melodie mit dem Text: „Ich will so bleiben, wie ich bin.“ Gewiss, hier ist die äußere Erscheinung gemeint, die schlanke, sportliche Figur dieser Frau. Trotzdem muss ich dabei immer denken, wie das doch dem widerspricht, was wir als Christen sagen können, ja, sagen müssten. Nicht: Ich will so bleiben wie ich bin, sondern: Ich will anders werden, mich ändern, wachsen, bessern... Und noch einmal: Wir können es! Und das liegt nicht an uns, sondern an der Liebe Gottes zu uns. Und da entdecke ich in diesem Bibeltext nun doch einen Hinweis, wie das gehen kann mit unserem Wachstum, dass wir uns ändern und so werden, wie wir sein sollen: „Nehmt an, ein Baum ist gut... an der Frucht erkennt man den Baum“ Dieses Bild hat Jesus sicher bewusst gewählt! Wir sind eben nicht wie ein Stein oder ein Stück Metall. Wir sind lebendige Wesen, wie Bäume eben. Und wie von selbst stellen sich da doch die anderen Bilder ein, die wir auch gut kennen: Das vom Weinstock, an dem wir die Reben sind und das vom Feigenbaum, an dem Jesus einmal die Früchte sucht. Lebendig sind wir! Es kann aus uns noch etwas ganz anderes werden, als wir heute sind! Und vielleicht fällt uns jetzt noch etwas ein, auch ein Wort, das Jesus gesagt hat: „Mein Vater ist der Weingärtner...“ (Jh. 15,1) Das heißt doch, dass Gott an uns arbeitet, uns Pflege angedeihen lässt, sich um uns kümmert und müht. Wir sind eben nicht uns selbst überlassen. Und es ist eben nicht gleichgültig, was aus uns wird und ob wir uns noch wandeln und Frucht bringen. Sehen wir es doch einmal so: Gott arbeitet an uns! Mit seiner Liebe tut er das. Mit den 1000 Geschenken unseres Lebens. Mit dem täglich neuen Anfang, den er uns gewährt, wenn er unsere Schuld wegnimmt und uns sagt: Du bist frei und kannst jetzt wieder beginnen. Liebe Gemeinde, vor diesem Hintergrund, glaube ich, können wir uns das schon sagen lassen: „...an der Frucht erkennt man den Baum. Ein guter Mensch bringt Gutes hervor aus dem guten Schatz seines Herzens; und ein böser Mensch bringt Böses hervor aus seinem bösen Schatz.“ So ist es. Aber wenn wir von uns bekennen müssen, dass wir heute Böses hervorbringen, dann muss es nicht so bleiben! Stehenbleiben auf dem Weg, ist das erste. Wahrnehmen, wo wir heute sind, das zweite. Und dann wollen wir schauen, was noch aussteht in unserem Leben, was wir immer erreichen wollten und erträumt haben. Schließlich wollen wir fest darauf vertrauen, dass wir uns mit Gottes Hilfe ändern können, dem ähnlich, ja vielleicht gleich werden können, was wir werden wollten und was Gott mit uns vorhatte. Und dann gehen wir festen Schrittes voran, auf den Menschen zu, den Gott mit uns gemeint hat und dann wollen wir uns keine Gedanken mehr darum machen, ob wir „am Tage des Gerichts...gerechtfertigt werden“. Wir wollen uns dem guten Gärtner überlassen. Er pflegt uns. Er müht sich um uns. Er liebt uns. Er kann machen, dass wir wachsen und Frucht bringen. - Aber dankbar sein, wollen wir ihm auch! AMEN