Predigt zum Sonnt. „Quasimodogeniti“ - 23.4.2017 Textlesung: Jh. 21, 1 - 14 Danach offenbarte sich Jesus abermals den Jüngern am See Tiberias. Er offenbarte sich aber so: Es waren beieinander Simon Petrus und Thomas, der Zwilling genannt wird, und Nathanael aus Kana in Galiläa und die Söhne des Zebedäus und zwei andere seiner Jünger. Spricht Simon Petrus zu ihnen: Ich will fischen gehen. Sie sprechen zu ihm: So wollen wir mit dir gehen. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot, und in dieser Nacht fingen sie nichts. Als es aber schon Morgen war, stand Jesus am Ufer, aber die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. Spricht Jesus zu ihnen: Kinder, habt ihr nichts zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. Er aber sprach zu ihnen: Werft das Netz aus zur Rechten des Bootes, so werdet ihr finden. Da warfen sie es aus und konnten's nicht mehr ziehen wegen der Menge der Fische. Da spricht der Jünger, den Jesus liebhatte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte, dass es der Herr war, gürtete er sich das Obergewand um, denn er war nackt, und warf sich ins Wasser. Die andern Jünger aber kamen mit dem Boot, denn sie waren nicht fern vom Land, nur etwa zweihundert Ellen, und zogen das Netz mit den Fischen. Als sie nun ans Land stiegen, sahen sie ein Kohlenfeuer und Fische darauf und Brot. Spricht Jesus zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr jetzt gefangen habt! Simon Petrus stieg hinein und zog das Netz an Land, voll großer Fische, hundertdreiundfünfzig. Und obwohl es so viele waren, zerriss doch das Netz nicht. Spricht Jesus zu ihnen: Kommt und haltet das Mahl! Niemand aber unter den Jüngern wagte, ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war. Da kommt Jesus und nimmt das Brot und gibt's ihnen, desgleichen auch die Fische. Das ist nun das dritte Mal, dass Jesus den Jüngern offenbart wurde, nachdem er von den Toten auferstanden war. Liebe Gemeinde! Der Name dieses Sonntags „Quasimodogeniti“ heißt zu Deutsch: „Wie die Neugeborenen“. Der Anfang der Geschichte, die wir eben gehört haben, liest sich dazu wie Spott: Die Jünger sind alle wieder an die Arbeit zurückgekehrt, die sie gelernt haben. Petrus fischt wieder. Von Jesus und seiner Sache kein Wort mehr. Das Leben geht weiter. Wie neugeboren fühlt sich keiner von den Männern am See von Tiberias, vielmehr: sie sind alle wieder die alten! Sie werden gedacht haben: Ein großer Mensch war er wohl, dieser Jesus, und seine Predigt hat vielen Menschen Trost und Hoffnung gegeben - aber jetzt ist er tot. Man wird sich immer wieder einmal an ihn erinnern, vielleicht auch den Jahrestag seiner Kreuzigung begehen - aber mehr als das wird man nicht tun, wie denn auch, warum denn auch...man muss doch leben, arbeiten, essen... Erstaunlich diese Szene am See, finden Sie nicht?! Ein wenig denken wir doch immer: Kaum war Jesus gekreuzigt und auferstanden, da zogen die Jünger in alle Welt und haben verbreitet, was sie von ihm wussten und was er ihnen geboten hatte. Und das haben sie natürlich freudig getan und voller Eifer für die gute Sache... Sie wussten ja doch auch schon lange, dass er auferstehen würde - er hatte es ihnen doch früher oft vorausgesagt. - Wie ganz anders ist das gewesen: Das war ja gar kein momentaner Anflug von Furcht und Zweifel, als Petrus seinen Herrn dreimal verleugnet - kaum ein paar Tage später geht er wieder seinem Handwerk nach, wirft das Netz aus und fischt, tut, was er immer tat, als hätte er Jesus nie gekannt. Und die andern: Als sie sich davonmachen im Garten Gethsemane, aus Angst vor den Soldaten mit den Schwertern und Spießen, da haben sie ihren Herrn für immer verlassen. Für sie war er gescheitert, worauf also noch warten? - So sind sie zurückgekehrt in ihre Heimat, zu ihren Familien, in ihren Beruf... Wenn man das so hört, kann man's gar nicht so recht glauben: Seine Leute, seine Vertrauten - so ängstlich besorgt um ihr bisschen Leben, verschreckt, versprengt, in alle Richtungen zerstreut - und der Herr bei ihnen so rasch vergessen. Wir möchten sie schelten, diese Jünger, für ihren Kleinglauben, ihre Untreue, für ihre Furcht. Was für armselige Menschen! Vielleicht warten wir noch einen Augenblick mit der Schelte: Die Jünger sind uns nämlich zu ähnlich! Sie tragen unsere Züge! Wir haben doch auch seine Worte gehört. Uns hat er doch auch in seinen Dienst gestellt. Wieder und wieder sind wir Zeugen seiner Taten geworden - auch in unserem Leben! Auch uns hat er geheißen: Folgt mir nach! Dann sind wir am Kreuzweg gestanden und sahen ihn den Berg hinaufwanken - auch unsere Schuld lag da auf ihm! Oben starb er dann - für dich und mich - den schändlichen Tod. Und nun hören wir noch die Nachricht: Er ist auferstanden, er lebt! „Wirklich: alles genauso wie bei den Jüngern! Wir müssen also vorsichtig sein, wenn wir sie nun verdammen: Wohin haben wir uns davongemacht? Welche Rolle spielt er noch in unserem Alltag? Was bedeutet dir sein Wort, da wo du lebst? Gilt seine Weisung für dich dort, wo du täglich arbeitest? - Haben wir ihn nicht auch vergessen? Hier muss uns nun gar nicht die große Politik herhalten, die nach so ganz anderen Gesetzen fragt, als nach den seinen. Wir müssen auch nicht das mörderische Leistungssystem anführen, um zu beweisen, dass die Welt wenig von ihm wissen will. - Bleiben wir bei uns, bei unseren kleinen Lebensbezügen, bei unseren Beziehungen zu den Menschen, bei unserer Arbeit, bei unserem alltäglichen Tun - denn da können wir sagen, wer seinen Willen verachtet, wer sich seinem Wort verschließt, wer ihn vergisst. Da können wir die kleingläubigen, die ängstlichen und die untreuen Jünger und Jüngerinnen beim Namen nennen: Das bist du und das bin ich! Da höre ich heute hier die Geschichte von dem Mann, der den Tod bezwungen und allem Leid einen Sinn gegeben hat. Und den nenne ich doch auch meinen Herrn, dem vertraue ich mein Leben an, dem glaube ich, dass er mir eine ewige Zukunft schenken will... Aber morgen werde ich wieder zweifeln. Morgen werden mich die Rückschläge in meiner Arbeit wieder mürbe machen. Morgen werde ich seine Verheißung, „Ich bin bei euch!“, wieder Lügen strafen. Morgen wird's wieder sein, als wäre er noch tot. Da bedenkst du heute sein Leben, sein Wirken und seinen Weg auf dieser Erde. Da staunst du über seine Art, seine Freundlichkeit gegenüber allen Menschen, sein selbstloses Wesen. Und du nennst dich ja auch „Christ“ oder „Christin“ nach ihm; du willst ihm ja auch nachfolgen... Morgen schon wird deine Freundlichkeit Unterschiede machen: zwischen solchen, die sie wert sind und solchen, die sie nicht verdienen. Morgen schon wirst du anderen Angst und Kummer bereiten, weil du nicht das Ihre, sondern das Deine suchst. Morgen schon befleckst du den Namen, der auf dir liegt: „Christ“, „Christin“. Morgen wird es wieder sein, als wäre er noch tot. Da singen wir ihm heute, loben ihn, preisen ihn, den Herrn, den Heiland. Wir bekennen ihn als den Auferstandenen, den Sieger über Hölle, Tod und Teufel, den Lebendigen... Morgen werden wir wieder vor der Macht in die Knie gehen, dem Mammon huldigen, den Gesetzen und Spielregeln dieser Welt Recht geben. Morgen wird es wieder sein, als wäre er noch tot. ABER ER LEBT! Unvermittelt tritt er an die Jünger heran. Plötzlich am Morgen ist er da; mitten hinein in die alltäglichen Verrichtungen hören sie seine Stimme: „Werft das Netz aus und ihr werdet finden!“ Und sie tun, wie er sagt. Sie gehorchen seinem Wort. Sie folgen seiner Weisung. Und sie finden! Das Netz wird voll, übervoll. Er sorgt für sie. Er gibt ihnen zu essen. Daran erkennen sie ihn: Der Herr lebt! - Das müssen wir beachten: Nicht beim Gottesdienst, nicht an heiliger Stätte begegnet er ihnen! Bei ihrem Tagwerk, als sie wieder ihrer gewohnten Arbeit nachgehen, als sie dabei sind, ihn zu vergessen, da erscheint er in ihrer Mitte, verheißt ihnen Speise, reichen Fang - und erfüllt sein Versprechen. Wenn ich doch heute von hier seine Verheißung mitnähme! Morgen schon könnte sie in meinen Leben wirksam werden: Wenn ich mutlos werden will, wird er mein Ansporn sein. Wenn die Zweifel kommen, wird er die Kraft zum Durchhalten geben. Wenn ich ihm vertraue, werde ich erkennen: Er lebt! Wenn du doch heute von hier sein Wort mitnähmest! Morgen würde es sich in deinem Alltag als mächtig erweisen: Wenn du nur an dich denkst, wird er deinen Blick auf den Menschen neben dir lenken. Wenn du andere verletzt und kränkst, wird er bei dir für sie eintreten. Wenn du ihm dann gehorchst, wirst du wissen: Er lebt! Und wenn wir alle heute von hier den Glauben an den auferstandenen Herrn mitnähmen. Morgen schon könnte das all unsere Beziehungen verändern: Wenn wir die Gesetze dieser Welt nicht mehr als gottgegeben hinnehmen. Wenn wir die Macht des Geldes nicht mehr fraglos anerkennen, wenn nicht mehr der wie selbstverständlich recht hat, der den größeren Einfluss genießt. Wenn junge Menschen - auch wo sie uns Schwierigkeiten machen - Verständnis statt Ablehnung finden. Wenn alte Leute geliebt und geachtet werden, auch wo sie nichts mehr leisten können... Da werden wir es erfahren und aller Welt zeigen: Er lebt! Es gibt in deinem und meinem Alltag, bei Arbeit und Freizeit eine Fülle von Möglichkeiten wahrzumachen, dass Jesus lebendig ist. Unsere Sache ist es, sie zu entdecken. Hätten die Jünger ihm nicht geglaubt, hätten sie nicht das Netz ausgeworfen, sie hätten keinen Fang gemacht. Was riskieren wir eigentlich, wenn wir seiner Verheißung glauben? - Und was können wir gewinnen! AMEN