Predigt am 21. Sonntag nach Trinitatis - 16.10.2016 Textlesung: Eph. 6, 10 - 17 Zuletzt: Seid stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke. Zieht an die Waffenrüstung Gottes, damit ihr bestehen könnt gegen die listigen Anschläge des Teufels. Denn wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit Mächtigen und Gewaltigen, nämlich mit den Herren der Welt, die in dieser Finsternis herrschen, mit den bösen Geistern unter dem Himmel. Deshalb ergreift die Waffenrüstung Gottes, damit ihr an dem bösen Tag Widerstand leisten und alles überwinden und das Feld behalten könnt. So steht nun fest, umgürtet an euren Lenden mit Wahrheit und angetan mit dem Panzer der Gerechtigkeit, und an den Beinen gestiefelt, bereit, einzutreten für das Evangelium des Friedens. Vor allen Dingen aber ergreift den Schild des Glaubens, mit dem ihr auslöschen könnt alle feurigen Pfeile des Bösen, und nehmt den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes. Liebe Gemeinde! Das sind Verse! Gewaltig, groß, wichtig...und schön sind sie auch! Bei mir sind sie nun noch zusammengekommen mit einem Wort, das ich in diesen Tagen in meinem Sprüche-Kalender gelesen habe, und das mich sehr beeindruckt hat und mir sehr treffend erscheint. Es ist ein Wort des großen Pädagogen Fröbel: „Erziehung ist Beispiel und Liebe, sonst nichts.“ Mit dem Hintergrund dieses Wortes und den Versen der Bibel, die wir gerade gehört haben, hat mich die Frage beschäftigt, wie kommt ein Mensch eigentlich dazu, sich mit alledem zu versehen, was hier mit der „Rüstung Gottes“ gemeint ist? Wenn er etwa den „Schild des Glaubens“ ergreift, warum tut er das. Warum kann er das? Und warum kann es ein anderer nicht, ein Leben lang nicht? Spielt da nicht eben alles, was wir „Erziehung“ nennen, eine entscheidende Rolle? Werden da nicht von den Eltern und Erziehern mit „Beispiel und Liebe“ Weichen gestellt; im Bild gesprochen: Wird so ein kleiner Mensch nicht in seiner Kindheit und Jugend schon dazu vorbereitet, dass er einmal die Waffen Gottes ergreift - oder aber verachtet? Sollen da nicht die Elternhäuser, die Taufpaten, die Schulen, die Kirche und alle, die erziehen, gemeinsam versuchen, dass da am Ende ein Mensch herauskommt, der Gottes Waffenrüstung trägt? - Ich glaube schon! „So steht nun fest an euren Lenden umgürtet mit Wahrheit...“ Ob so ein Mensch „Wahrheit“ nicht, wenn er noch klein ist, Zuhause lernen muss? Ob er das nicht schon sehr früh an seinen Eltern abliest, was das ist: wahrhaftig sein? Da kann so ein Kind vielleicht noch nicht einmal laufen, da spürt es doch schon: Wenn meine Mama „Nein“ sagt, dann ist das Nein! Und es ist besser, wenn ich mich daran halte, weil mir sonst Gefahr droht, weil ich mir sonst wehtue... Und es wird vielleicht auch schon empfinden können, wenn so ein „Nein“ nicht ernst zu nehmen ist, wenn es nur aus Bequemlichkeit gesprochen wird oder nur unüberlegt. So ein „Nein“ kann der erste Schritt dazu sein, „sich mit der Wahrheit zu umgürten“. Etwas später macht das Kind Erfahrungen mit dem „Ja“. Wenn meine Eltern ja sagen, dann werden sie hinterher nicht umfallen. Ja heißt ja und versprochen ist versprochen. Jetzt hat so ein Kind das Vertrauen in zwei wichtige Wörter gelernt. Zwei entscheidende Schritte sind schon getan; es wird einmal den „Gürtel der Wahrheit“ anziehen; es wird wahrhaftig sein können, weil es Wahrhaftigkeit vorgelebt bekommen hat. „...und angetan mit dem Panzer der Gerechtigkeit...“, heißt es weiter. Auch das fängt sehr früh an. Das kann ein Kind vielleicht noch nicht aussprechen - aber doch fühlen: Meine Mutter sieht, wenn ich mich anstrenge. Sie lobt mich, wenn mir etwas gelingt. Sie versteht, wenn etwas noch zu schwer ist; sie fordert nichts, was ich halt noch nicht kann. Und mein Vater hält es genauso: Das Lob ist bei ihm das Mittel, mich zu führen und zu erziehen. Und wenn wirklich einmal geschimpft wird, dann weiß ich, warum. Dann habe ich meine Grenzen überschritten, dann musste der Tadel sein. Aber das bleibt immer die Ausnahme. Und die Eltern sind auch wieder gut, wenn einmal harte Worte nötig waren. - Jetzt wird dem Kind einmal der „Panzer der Gerechtigkeit“ passen. „...an den Beinen gestiefelt, bereit einzutreten für das Evangelium des Friedens...“ Ja, der Friede... Der ist wie die Atmosphäre eines Hauses, wie der gute Geist einer Familie. Eigentlich alles, was so ein Kind Zuhause erfährt, hat damit zu tun - oder es bereitet den Unfrieden vor. Wenn die Türen geschlagen werden, wenn immer der recht bekommt, der am lautesten schreit, wenn Konflikte nicht nur mit Worten ausgetragen werden, wenn es noch andere Mittel gibt, als die besseren Argumente... dann wird kein Friede in so ein kleines Herz einziehen können und der erwachsene Mensch wird den „Frieden“ nie gelernt haben. Und gerade hier sehen wir auch die viel größeren Beziehungen, in denen wir stehen: Das weist doch weit hinaus über die Familie, über das Zuhause eines Kindes! Wie soll denn einer dem Frieden in der Gesellschaft und der Welt dienen können, wenn er im Elternhaus schon keinen erlebt hat? - Welche Verantwortung haben wir Eltern und Erzieher! „Vor allen Dingen aber ergreift den Schild des Glaubens...“ Was für ein schönes Bild für sich selbst: „Schild des Glaubens“. Ich musste da an ein noch kleines Kind denken, wenn wir es abends zu Bett bringen, wenn wir mit ihm beten, wenn es dabei wie von selbst begreift: Da gibt es eine Macht in dieser Welt, die ist viel größer als Papa und Mama, der befehlen mich meine Eltern an, der vertrauen sie, von der möchten sie für sich und für mich Segen und Geleit... Das ist doch wirklich wie ein Schild für das Kind, unter den es sich verkriechen kann, unter dem es geborgen ist und sich nicht ängstigen muss. Und dann erst die Geschichten von Jesus, wenn wir Erwachsene sie nicht in uns verschließen, sondern sie unseren Kindern oder Enkeln auch weitererzählen! Was geht von diesen guten Geschichten aus! Immer wieder erleben wir die großen Augen, das Erstaunen, wenn unsere Kinder sie hören: „Gerade schuldige Menschen hat der Herr der Christen geliebt; gerade mit Zöllnern und verachteten Leuten hat er gegessen und getrunken; mit denen, die niemand mag, hat er Gemeinschaft haben wollen.“ Das kann schon wie ein Schild sein, der mich schützt, wenn ich das erzählt bekomme. Ich weiß dann doch: Bei Jesus finde ich immer einen, der mich aufnimmt, der mir die Hand reicht, der für mich eintritt, auch wenn ich Fehler gemacht, anderen wehgetan habe und auch, wenn ich ihm einmal weggelaufen war. Später wird es so einem Kind nicht schwer werden, den „Schild“ des ganzen Christenglaubens aufzunehmen und damit die größte Hilfe, das Leben zu bestehen. „...und nehmt den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes.“ Da ist jetzt alles zusammen, was so ein Kind - und ein Mensch überhaupt - braucht: Das Heil, das Wort Gottes. Manchmal meine ich, wir denken viel zu wenig an das, was hinter diesem Erdenleben steht und was nach dieser Zeit für uns kommt. Man kann es ja vielleicht verstehen: Da ist ein kleines Kind gerade erst geboren. Wir empfinden so viel Freude, soviel Dank! Wer mag da an „Heil“ denken? Wer mag nach der Ewigkeit fragen? Das kleine Leben hat doch erst begonnen! Aber so viel darf man sich gewiss auch dann schon zumuten, dass man einmal denkt: So ein Leben ist kurz, arg kurz; wir merken das doch an unserem eigenen: Gestern noch selbst Kind, heute verantwortlich für die eigenen - und morgen schon sind sie erwachsen! Die Zeit eilt! Wie wichtig darum der Gedanke: Es gibt ein „Heil“, wie es die Alten genannt haben. Es gibt einen Sinn, hinter allem Geschehen, das wir erleben und erleiden. Es gibt durch Jesus eine Zukunft - eine Ewigkeit hinter dem Morgen oder Übermorgen unseres Lebens. Und das Wesentlichste heute: Auch damit können wir unsere Kinder ausstatten! Schon ganz am Anfang der Spanne Zeit, die Gott ihnen schenkt: „Heil“... Dieses Heil wird aus der Erfahrung wachsen, die unsere Kinder mit uns machen, mit uns, die sie erziehen. Und es werden mit der Zeit eigene Erfahrungen sein, die alles bestätigen, was wir in sie hineingelegt haben: Die „Wahrheit“, die ich Zuhause gelernt habe, ist mein Lebensprinzip geworden. Die „Gerechtigkeit“, die meine Eltern mir gezeigt haben, reiche ich nun an andere weiter. Der „Friede“, den ich im Elternhaus geatmet habe, wird nun weitergegeben und geteilt. Der „Glaube“, dessen erste Bilder mir die Eltern in die Seele gelegt haben, strahlt aus und gibt anderen Hoffnung und Zuversicht. So geschieht „Heil“. So hat ein Mensch Sinn und Fülle in seinen Tagen. So weiß einer, warum er lebt. So kann einer über diese Welt hinausblicken in die ewige Welt Gottes. Liebe Eltern, liebe Patinnen und Paten, liebe Großeltern und alle, denen Kinder zu erziehen anvertraut ist! Wie wichtig, dass wir unsere Kinder in Liebe darauf vorbereiten, dass sie einmal die Waffenrüstung Gottes anlegen können! Wie wichtig ist aber auch unser aller Beispiel, liebe Gemeinde! Wir können und sollen helfen, dass unser aller Kinder, Enkel und alle, die wir erziehen dürfen, die Waffen Gottes anziehen und so ein gutes Leben und das Heil gewinnen. Es geht um viel - um alles! AMEN