Predigt zum 1. Christtag - 25.12.2015 Textlesung: Tit. 3, 4 - 7 Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Heilands, machte er uns selig - nicht um der Werke der Gerechtigkeit willen, die wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzig- keit - durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im heiligen Geist, den er über uns reichlich ausgegossen hat durch Jesus Christus, unsern Heiland, damit wir, durch dessen Gnade gerecht gewor- den, Erben des ewigen Lebens würden nach unsrer Hoffnung. Liebe Gemeinde! Es muss einfach einmal gesagt werden: Wir geben uns mit wenig zufrieden...mit zu wenig! Mir kommt dabei immer wieder das Wort Luthers in den Sinn: Sie könnten eine rauschende Festtafel haben und begnügen sich mit einer Bettelsuppe. - Aber wovon rede ich? Von Weihnachten natürlich und was da geschehen ist. Und von dem, was uns zu diesem Fest eigentlich geschenkt wird und von dem, woran wir genug haben und uns genügen lassen. Ich darf einmal ganz deutlich, vielleicht drastisch reden? Wir schmücken unsere Stuben, wir stellen Lichter auf, einen Kranz vorher und einen Baum am Heiligen Abend. Wir backen Plätzchen und Tan- nenduft zieht durch unsere Stuben. Wir essen eine Weihnachtsgans oder sonst eine besondere Mahlzeit, die nur diesem Tag vorbehalten ist. Wir werden beschenkt und machen Geschenke, meist kleinere, manchmal auch große...da sagen wir dann: „Es ist für den nächsten Geburtstag noch mit“. Wir bemü- hen uns - wenigstens in diesen Tagen - ein freundliches Gesicht aufzusetzen, auch dem Nachbarn ge- genüber, den wir nicht leiden können. Wir gehen in die Kirche, manche sogar zur Christvesper und zur Christmette am Heiligen Abend. Wir freuen uns hier im Gotteshaus an all den Dingen fürs Gemüt: Den schönen Weisen, den Kerzen, der milden Stimmung und den guten alten Geschichten und ehrwürdigen Lesungen... Aber - wir wollen ehrlich sein - in ein, zwei Tagen ist das doch vorbei, das meiste jeden- falls. Gut, wir lassen die Lichterketten noch bis Neujahr an den Bäumchen vor dem Haus und zwischen den Jahren und an Silvester zünden wir die Kerzen am Baum noch einmal an. Und es kommen viel- leicht auch noch in den nächsten Tagen ein paar verspätete Weihnachtskarten. Aber sonst? Wie gesagt: Das meiste ist vorbei, morgen, spätestens übermorgen... Deshalb sprach ich von der Bettel- suppe, an der wir uns genügen lassen. Aber Weihnachten ist mehr, viel mehr! Hören wir doch nur: Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Heilands, machte er uns selig - nicht um der Werke der Gerechtigkeit willen, die wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit, dass wir Erben des ewigen Lebens würden nach unsrer Hoffnung. Hier ist - um im Bild zu bleiben - die „Festtafel“, ja, mehr noch: ein ewiges Fest der Freude, der Herrlichkeit, in der Nähe Gottes, ja, an sei- nem Tisch! Wollen wir da wirklich noch mit der Lichterkette am Balkon und der Christbaumbeleuch- tung vor unserem Haus zufrieden sein? Gehen wir da heute mit dem bisschen Glanz in den Augen und der milden Stimmung in unseren Herzen nach Hause und sagen: „Das war aber wieder ein schönes Fest?“ Wollen wir die besten Gaben ausschlagen? Würden wir nein sagen, wenn uns jemand hier etwas mitgeben möchte, was auch im neuen Jahr noch Grund zu großer, überschwänglicher Freude wäre, ja, für unser ganzes Leben von heute an? - Wäre das nicht dumm, falsche Bescheidenheit und genau be- trachtet, eine Kränkung für den Geber? Liebe Gemeinde am Christtag! Ich will uns das Geschenk Gottes zum heutigen Fest noch ein wenig deutlicher beschreiben. Ich will es jeder und jedem von uns hinhalten und wichtig machen. Ich will so mithelfen, dass an diesem freundlichen Tag doch einige nachher die Kirche verlassen und sagen kön- nen: „Heute bin ich wirklich froh geworden.“ Ich kann es nur versuchen, aber das will ich auch tun: Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Heilands, machte er uns selig... Sie ist erschienen die Menschenliebe Gottes. Er selbst liegt als Kind in einem Futtertrog. Was muss das für ein Gott sein, der so etwas tut!? Wie großmütig muss er sein, wie muss er die Menschen liebhaben! „Er machte uns selig...“ Wir sind es also schon, selig... Aber was ist das? Das hat etwas mit dem ewigen Leben zu tun, soviel wissen wir alle. So sagen wir doch manchmal: „Meine Mutter, Gott hab' sie se- lig...“ Oder: „Mein seliger Großvater hat immer gesagt...“ Selig heißt also: Bei Gott sein. Wie die Kin- der es ausdrücken: Im Himmel sein. Und das beginnt schon hier: „Er machte uns selig!“ Liebe Gemeinde, da wollen wir einmal nicht lange herumreden und uns nicht vor Gedanken drücken, die wir vielleicht wenig erwachsen finden, uns großen, aufgeklärten Leuten nicht würdig: Wir sind schon selig! Wir sind schon bei Gott! Wir sind schon im Himmel! Und das wollen wir heute nicht so dahinsagen und uns mit halbem Ohr anhören, weil man das ja halt so sagt...in der Kirche...in christli- chen Kreisen... Wir sind selig! Für uns ist der ganze Kampf des Lebens gelaufen, entschieden und schon heute zu einem guten Ende gekommen, dem besten Ende, das man sich vorstellen kann! Wir sind bei Gott! Im Himmel! Gewiss wird jetzt und immer wieder etwas geschehen, was nicht dazu passt. Vielleicht sind oder werden wir krank. Vielleicht müssen wir unseren Arbeitsplatz verlieren. Vielleicht sind Abschiede von lieben Menschen zu nehmen oder Beschwerden und Leid zu tragen. Aber all das kann an diesem guten Ausgang unseres Lebens nichts mehr ändern. Der Hintergrund ist allemal hell. Wir sind selig. Worauf alles hin läuft - schon entschieden: Wir sind im Himmel! - Das kann schon sehr stark machen und sehr gelassen, wenn man das weiß! - Ich kann mir kein größeres Geschenk Gottes an uns denken. Aber hören wir weiter: ...machte er uns selig - nicht um der Werke der Gerechtigkeit willen, die wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit durch Jesus Christus, unsern Heiland, damit wir, durch dessen Gnade gerecht werden.., Durch Jesus Christus sind wir gerecht! Er hat uns selig gemacht. Ihm verdanken wir den Himmel, in dem wir schon sind. Ich weiß ja, da denken wir auch, das sind halt so die Sprüche, die in der Kirche zu hören sind, meist an Karfreitag oder am Reformationsfest...jetzt sogar schon zu Weihnachten! Bitte, lassen wir es einmal auf uns wirken, nehmen wir es an, es ist für uns gesagt und: an Weihnachten! Denn es ist der tiefste Grund aller Freude! ...durch Barmherzig- keit...aus Gnade...nicht durch unsere Werke... Spüren sie nicht, wie sehr uns das angeht!? Wem ist das denn noch nie zu viel geworden: Immer leisten müssen. Immer alle Gaben der anderen durch Gegengaben oder Einsatz rechtfertigen müssen. Sich nichts schenken lassen können. Und wenn, dann zurückschenken...gleich groß, gleich viel, gleich wert- voll... Gerade wenn wir älter werden, merken wir das doch: Wir sind angewiesen, auch einmal etwas anzunehmen, was wir nicht begleichen können. Aber auch die jüngeren Leute spüren es zunehmend: Die wirklich wichtigen, wesentlichen Dinge des Lebens sind nicht verrechenbar. Die Liebe zum Bei- spiel. Die Treue. Die Verlässlichkeit und die Güte. Wer wollte dafür bezahlen? Und was würde uns denn die Liebe etwa eines ganzen Lebens kosten? Genauso ist es auch hier: Wir sind selig, im Himmel...durch Barmherzigkeit...aus Gnade...nicht durch unsere Werke... Aber hören wir noch das dritte, das größte und schönste: Wir sind „Erben des ewigen Lebens nach unsrer Hoffnung.“ Liebe Gemeinde! Mit diesem Wort: „Wir sind selig“ hat etwas angefangen, das hat kein Ende mehr. Wir können das empfinden, was das heißt: Haben wir nicht schon oft so gedacht: Wer wird alles, was ich aufgebaut habe im Leben einmal weiterführen, wer wird die Bilder aufheben, wer wird sammeln und bewahren, was mir wichtig war? Und das Haus, das ich gebaut habe, wann wird es einem anderen gehören, wann einem anderen Haus weichen. Die Spuren meines Lebens...wann werden sie für immer verweht sein? Wir sind „Erben des ewigen Lebens“! Neben dieser Welt des Verfalls und der Endlichkeit, haben wir teil an Gottes Welt, die niemals vergeht! Und es werden gerade die Dinge sein, die hier unbezahlbar wertvoll, unendlich wesentlich sind, die auch in Gottes neuer Welt ewig bleiben. Ich denke, auf alles andere können wir auch recht gut verzichten, denn die Dinge, die Sachen, das Geld und das Haus haben nur den Rahmen für unser Leben hier gegeben. Die Liebe aber war es, die unsere Persönlichkeit, unser Wesen, unsere Treue und die anderen wahren Werte ausgemacht hat! Liebe Gemeinde, nehmen wir von heute mehr mit als den Lichterglanz und die weihevolle Stimmung: Wir sind selig! Wir müssen uns das nicht durch Werke verdienen und es nicht durch Taten rechtferti- gen. Wir sind schon Erben des Ewigen Lebens. Welch ein großzügiger Gott! Was für eine Freude macht er uns. Was für ein Geschenk! - Wählen wir heute die Festtafel, die Gott uns bereitet hat. Begnü- gen wir uns nicht mit der Bettelsuppe! AMEN