Predigt zum 2. So. n. Epiphanias - 19.1.2003 Textlesung: Joh. 2, 1 - 11 Und am dritten Tage war eine Hochzeit in Kana in Galiläa, und die Mutter Jesu war da. Jesus aber und seine Jünger waren auch zur Hochzeit geladen. Und als der Wein ausging, spricht die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr. Jesus spricht zu ihr: Was geht's dich an, Frau, was ich tue? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. Seine Mutter spricht zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut. Es standen aber dort sechs stein- erne Wasserkrüge für die Reinigung nach jüdischer Sitte, und in jeden gingen zwei oder drei Maße. Jesus spricht zu ihnen: Füllt die Wasserkrüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis obenan. Und er spricht zu ihnen: Schöpft nun und bringt's dem Speisemeister! Und sie brachten's ihm. Als aber der Speisemeister den Wein kostete, der Wasser gewesen war, und nicht wußte, woher er kam - die Diener aber wußten's, die das Wasser geschöpft hatten -, ruft der Speisemeister den Bräutigam und spricht zu ihm: Jedermann gibt zuerst den guten Wein und, wenn sie betrunken werden, den geringeren; du aber hast den guten Wein bis jetzt zurückbehalten. Das ist das erste Zeichen, das Jesus tat, geschehen in Kana in Galiläa, und er offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn. Was hat diese Wundergeschichte mit uns zu tun, liebe Gemeinde? Nun, vielleicht das: Heute ist Sonntag. Wir haben uns - wie die Menschen damals - zu einer Feier zusammengefunden. Für den Alltag, aus dem wir kommen, steht das Wasser. Für den Sonntag, den wir heute begehen, steht der Wein. Wir könnten also sagen: Aus dem vielleicht schalen Wasser der vergangenen Woche soll uns heute Wein werden - eben wie bei der Hochzeit zu Kana. Aber - zugegeben - das scheint auch mir ein wenig übertrieben, wenn wir nun auf eine solche Ver- wandlung warten. Besser gefällt mir, wenn ich uns, den Gottesdienst und den Sonntag heute so mit dem Hochzeitsfest von Kana zusammenbringe: Jeder Sonntag ist ja auch ein Fest - wenigstens ein bißchen! Wir lassen die Arbeit einmal ruhen, wir kleiden uns gut, schöner jedenfalls als von Mon- tag bis Samstag. Wir essen und trinken - besser als sonst. Vielleicht kommt am Nachmittag jemand zu Besuch. Es wird gelacht, erzählt, geplaudert, vielleicht gesungen... Wir sind heiter und gelöst, haben Geselligkeit, Gemeinschaft und Freude... Damals in Kana war Jesus dabei. Das war ihm nicht zu weltlich, bei einer Hochzeit zu Gast zu sein. Er war sich nicht zu gut, mit am Tisch zu sitzen, wo gut gegessen und getrunken wurde, wo man fröhlich und ausgelassen war und getanzt hat. Schließlich, als der Wein ausgeht, sorgt er sogar für Nachschub. - Warum also sollte er nicht auch Gast bei unserem Sonntag sein und eben auch dann, wenn wir zu Hause sind und dort feiern und einen Tag haben, der einmal anders ist als die ganze Woche über? Er ist ja der auferstandene, der lebendige Herr! Ja, mal ganz deutlich: Ich glaube, Je- sus ist jetzt schon mitten unter uns, denn er hat versprochen, immer dort zu sein, wo seine Ge- meinde sich versammelt (selbst wenn's nur zwei oder drei sind!). Und er geht nachher mit jeder und jedem von uns dorthin, wo wir diesen Tag begehen. Er wird mitten unter uns sein wenn wir beie- inander sind, bei unserer Tischgemeinschaft heute mittag, und auch später, am Nachmittag oder gegen Abend, wenn uns der Sonntag vielleicht schon wieder ein wenig "schal" wird, wenn uns so- zusagen der "Wein", die Freude ausgeht, wenn wir uns gegen Abend fragen, ob unser siebter Tag noch ein bißchen Tiefe und noch einen Höhepunkt bekommt? Dann wollen wir uns an den ei- gentlichen Sinn dieses Tages erinnern lassen, daß wir es nicht vergessen: Wir gehören zu Gott, der die Welt geschaffen hat, Jesus, sein Sohn, ist unser Bruder, wir sind Teil seiner Gemeinde...er ist bei uns zu Gast, heute: So kann und wird aus unserem Sonntag ein wirklicher Festtag, und wir wer- den gestärkt und erbaut in unsere neue Woche gehen! Liebe Gemeinde, so wird für uns aus Wasser Wein! Wir dürfen es nur nicht vergessen, worum es heute geht und wer heute auch bei uns zu Gast sein will! Aber das gilt nicht nur für heute: "Ich bin bei euch alle Tage, bis ans Ende der Welt!", hat Jesus einmal gesagt. Also ist er auch morgen noch in unserer Nähe, auch dann, wenn bei uns keiner mehr von diesem Sonntag spricht, wenn der Alltag uns wieder hat, der tägliche Trott... Jesus ist immer da, wir müssen sozusagen nur die Hand nach ihm ausstrecken, ihn in unser Leben rufen, ihm wie den Sonntag auch unseren Alltag anvertrauen. Aber - wir dürfen ruhig davon reden - etwas anderes wird morgen wohl auch wieder da sein: Der Wunsch nämlich, unsere Zeit, unser Leben ohne diesen Herrn zu gestalten. Irgendwie meinen wir ja immer, zu Jesus zu gehören wäre doch mehr etwas für den Sonntag und es könnte einem die ganze Woche über auch leicht zu viel werden und vielleicht den Spaß verderben. Bei vielen Menschen ist das so. Am Sonntag haben sie besinnliche Gedanken, da gehen sie in den Gottesdienst, da fühlen sie sich als Teil der Gemeinde, der Gemeinschaft Jesu. Aber am Montag... Da sind sie nicht stark genug, bei Jesus zu bleiben. Sie fallen um. Ihr Ja wird zum Nein. Ganz praktisch sieht das so aus: Was Jesus tun würde...schert uns dann überhaupt nicht! Die Art wie Jesus leben und was er jetzt sagen würde...kümmert uns nicht. Wir machen, was wir wollen! Und der Maßstab dafür ist unser Bauch, das eigene Wollen, das, was uns nützt, wo für mich selbst etwas herausspringt...aber nicht mehr, was Jesus will und nicht, was seine Liebe zu allen Menschen gebietet. Doch, liebe Gemeinde, ich glaube, daß es uns ernst ist, wenn wir heute zu diesem Gottesdienst, zu unserem Herrn und in seine Gemeinde gekommen sind - ich glaube das, aber ich weiß auch, wie stark - auch für mich! - die Kräfte sind, die uns morgen schon wieder von Jesus abbringen wollen, wie laut die Einflüsterungen und wie unbemerkt von uns selbst manchmal aus unserem Leben mit Jesus am Sonntag ein Alltag ohne ihn wird. Das Vorbild vieler Zeitgenossen heute ist eine große Versuchung! Viele erliegen ihr. Das geht vielleicht so: "So viele Menschen heute haben doch nichts mehr mit Jesus vor, soll ich da als einziger...?" Manchmal gibt's ja auch Spott der Mitmenschen, und der macht es auch vielen schwer, ein Leben mit Jesus zu beginnen oder bei seiner Sache zu bleiben. Vielleicht hört sich das so an: "Gehörst du auch zu den Betschwestern und Kanzelschwal- ben? Du warst doch früher nicht so....fromm! Zeig' mal deinen Heiligenschein!" Aber die ärgste Gefahr ist wohl doch unser eigenes schlechtes Gedächtnis: Wer denkt denn am Montag noch an das, was er am Sonntag erlebt, gedacht und sich vielleicht vorgenommen hat? - Liebe Gemeinde, natürlich stehen da auch Erfahrungen dahinter, wenn ich so rede - und sicher nicht nur ich habe sie gemacht: Wieviele Menschen haben es doch - am Sonntag - schon ausgesprochen: "Die Predigt war mir wieder Trost und Kraft für die gesamte Woche!" Oder: "Ich brauche den Got- tesdienst einfach, um mir für den Alltag Anregung und Ansporn zu holen, daß ich ein Christ, eine Christin bin und bleibe! - Aber was wird dann oft daraus, vielleicht nur einen Tag später? Gewiß, die Predigt am Sonntag kann nicht die ganze Woche über ständig in unseren Gedanken sein. Und der Gottesdienst - und noch der schönste! - hat sicher nicht die nötige Kraft, die sechs Werktage zu bestimmen und zu gestalten. Und es wäre ja überhaupt zu kurz gegriffen, würde man alles, was den Christen ausmacht, vom Gottesdienst und der Predigt erwarten. Und das muß man ja auch nicht: Viele Menschen lesen täglich am Morgen in ihrem Losungsbüchlein. Oder sie lassen ein Kapitel der Bibel zu sich sprechen. Andere nehmen sich über Tag ein paar Minuten für sich selbst und für Gott, sie meditieren über einem Wort Gottes oder sprechen einen Psalm und ein Gebet. Aber auch dann wird es oft schwierig, wirklich seinen Alltag mit Gott, an der Hand Jesu Christi zu leben! Unser Tag die Woche über wird schnell verwechselbar mit dem Tag von Menschen, die keinen Glauben haben und nicht mit Jesus ihr Leben machen wollen. Und wir selbst unterscheiden uns auch oft nicht mehr von solchen Menschen. Liebe Gemeinde, da bin ich zurück bei der Geschichte von der Hochzeit zu Kana. Denn so, wie ich es eben beschrieben habe, wird aus dem Wein wieder Wasser. So wird uns aus dem Feiertag, dem Sonntag mit Jesus als Gast wieder schaler, öder Alltag. Immer wieder geschieht das, Woche für Woche. Dieser Alltag mag uns zwar - wenn wir darin sind - gefallen, Erfüllung aber schenkt er uns nicht! Wein ist nunmal kein Wasser. "Wein", die wirkliche Freude, echter Lebenssinn, die gute Verbindung zu Gott und von daher das feste Wissen, wozu ich in der Welt bin...das kommt nur mit Jesus in unser Leben und das bleibt nur, wenn er uns - auch die Woche über - immer wieder das Wasser in Wein verwandelt: Und das geschieht, wenn wir auch in unserer Alltagswoche auf sein Wort hören, wenn wir tun, was er will, wenn wir handeln, wie es seiner Liebe entspricht...gegen den Alltagstrott, gegen Einflüsterungen von außen, gegen Spott und die eigene Trägheit. Das ist nur Wasser! Wein ist etwas anderes. Liebe Gemeinde, vielleicht hilft es uns, wenn wir von heute neben einer hoffentlich "schönen", er- baulichen Predigt, einem Gottesdienst, in dem wir Gemeinschaft untereinander und mit unserem Herrn hatten, auch einen festen Vorsatz mit nach Hause nehmen: Daß wir auch morgen noch davon ausgehen, daß Jesus auch unseren Alltag teilt, wie er uns heute den Sonntag zum Festtag macht. Daß er mit uns durch die ganze Woche geht und daß es gut ist und das Leben bereichert, wenn wir auf ihn hören, seinen Willen tun und im Gebet mit ihm verbunden bleiben. Vielleicht lassen wir uns helfen davon, daß wir uns schon von morgen an eine kleine Zeit über un- serer Bibel einrichten. Die Lektüre des Evangeliums nach Lukas, aus dem wir doch die Weihnachtsgeschichte noch im Ohr haben, wäre sicher ein guter Anfang! Und vielleicht schlagen wir nach einem Kapitel aus diesem Evangelium noch die Heilige Schrift in der Mitte auf und lesen der 23. oder den 103. Psalm? Das würde uns bestimmt auch gut tun! Wenn wir dann noch unser Leben und unseren Tag Gott in einem kurzen Gebet anvertrauen, dann kann es ein gesegneter, run- der Tag für uns werden und wir erfahren den Unterschied, ob wir jeden Tag Wein oder Wasser zu trinken bekommen! Unser Herr jedenfalls verspricht uns heute, immer bei uns zu sein. Aber - wie damals bei der Hochzeit - ist er ein "Gast", das heißt, er geht, wenn wir ihn nicht bei uns haben wollen, er drängt sich nicht auf. Wenn wir ihn aber bei uns bleiben lassen, dann kann er unser ganzes Leben in eine Hochzeit verwandeln. Dann wird es zwar auch schwere Tage geben, aber unser Herr wird uns beistehen und helfen, wenn wir ihn brauchen. Er macht bei uns aus Wasser Wein! Wir Christen glauben, nur einer, nur der Herr Jesus Christus, kann in unserem Leben das Wunder dieser Ver- wandlung vollbringen. In diesem Sinn wünsche ich Ihnen allen heute nicht nur einen gesegneten Sonntag, sondern eine genau so gesegnete Woche!