Andacht zum Wochenspruch Wochenspruch zur Woche nach dem So. "Laetare": Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht. (Joh. 12,24) Vor einer Woche ging es ums Pflügen, heute ist das Säen dran: Wenn das Weizenkorn in die Erde fällt... Das sind treffende Bilder, die uns die Bibel malt! Ein Weizenkorn, das nicht in den Boden gesät wird, kann keine Frucht bringen. Nur wenn es im Dunkel der Ackerkrume stirbt, wächst aus ihm neues Leben. Bleibt es am Licht, dann verliert es seine Kraft, dann bleibt es allein. Wirklich: ein schönes Bild... Aber für welche Wirklichkeit steht es? Was will uns das sagen? Den- ken wir nicht gleich an den Tod, wenn wir "sterben müssen" und man uns in die "Erde" legt und wir "Frucht bringen"... Denken wir einmal an andere Erfahrungen, vielleicht an solche: Da hat sich einer vorgenommen, die Passionszeit dieses Jahres einmal nicht nur dem Kalender nach mitzugehen. Er hat sich der Aktion "Sieben Wochen ohne..." angeschlossen, wie sie von vielen Kirchen- gemeinden veranstaltet wird. Er will seinen Herrn auf dem Kreuzweg begleiten, indem er sich ein kleines Kreuz auferlegt: Er will auf Alko- hol und Wurst verzichten. Jede Gelegenheit, bei der er sonst dem Al- kohol zugesprochen und Wurst gegessen hätte, soll ihn nun erinnern: Du bist Christ. Du heißt nach dem Herrn, der für dich viel mehr ge- tragen hat. Sein Kreuz war tausendmal schwerer... Was wird dieser Christ erleben? Zuerst gewiß immer wieder das Ge- fühl schmerzlichen Verzichts: So ein kleines Glas Bier... jetzt, zum Essen, wie gut täte das! So ein Frühstück ohne Wurst...irgendwie fa- de...da macht essen gar keinen Spaß! - Wir hoffen, daß er standhaft bleibt, dann wird er nämlich nach einiger Zeit etwas ganz anderes er- fahren: Das nimmt uns ja gar nicht nur etwas! Das ist ja nicht allein ein Verzicht! Da liegt ja auch etwas drin, das ist wie ein Geschenk, das macht froh und reich... "Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt..." Gewiß: Am Anfang ist jeder Verzicht ein bißchen wie Sterben. Ich werde ärmer. Ich muß etwas aufgeben; das tut weh! Aber dann: Wenn ich durch meinen Verzicht frei werde, wenn ich erst spüre, ich kann das wirklich einmal entbehren, ich muß dieses Glas Bier nicht haben, ich bin bei meinem Frühstück fröhlich, auch ohne Wurst! Un- beschreiblich ist das, schon bei so kleinen Dingen, die ich mir aufer- lege: "... wenn es aber erstirbt, bringt es reiche Frucht!" Das ist wahr! Eine andere Wirklichkeit, die wir vielleicht kennen: Da ist eine Be- ziehung zerbrochen, eine Verbindung zwischen zwei Menschen, die nicht von Liebe bestimmt war, sondern von Abhängigkeit und Unter- drückung. Eine ganze Weile wird das dauern, bis die Wunden, die man sich gegenseitig beigebracht hat, heilen. Vielleicht werden Jahre vergehen, bis man ohne Schmerz und Tränen vom anderen sprechen kann. Auch das ist ein wenig wie Sterben - vor dem Tod. Aber auch hieraus kann in einem Leben Frucht reifen! Ein Mensch kann sich frei entwickeln, eine Persönlichkeit kann sich neu entfalten, einer, der wie eines anderen Besitz war, wird für andere Menschen offen und wich- tig... Und schließlich steht uns das Bild noch für eine letzte Wahrheit: Seit Jesus Christus selbst den Weg des "Weizenkorns" gegangen ist, ist das auch unser Weg, der uns für Leben und Sterben verheißen ist: Wir werden ruhen und schlafen wie das Weizenkorn in der Ackerfur- che. Und wir werden aus dem Dunkel treiben und wachsen, um Frucht für die Ewigkeit zu bringen. - Ein schönes Bild. Ein treffendes Bild. Ich wünsche Ihnen von Herzen, daß sie Mut finden zum Sterben, das hier gemeint ist. Ich wünsche ihnen, daß sie erfahren, wie sie im Dunkel Frucht treiben. Ich wünsche ihnen, daß diese Frucht einmal in Gottes Ewigkeit reifen kann – durch Jesus Christus, unseren Herrn.