Andacht zum Wochenspruch Wochenspruch zur Woche nach dem So. "Judika": Der Menschensohn ist nicht gekommen, daß er sich dienen lasse, sondern daß er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für viele. (Mt. 20,28) Wir haben jetzt ein paar Minuten für ein paar Gedanken um diesen Vers.. Keiner lenkt uns ab. Keiner sieht in uns hinein, während wir nachdenken. Das ist gut so. Ich möchte nämlich heute einmal sehr persönlich werden: »Der Menschensohn ist nicht gekommen, daß er sich dienen lasse...« Wenn Sie das hören, stellen sich da bei Ihnen nicht ganz bestimmte Gedanken ein? Sie gehen zum Beispiel hin und wieder zur Kirche... Ist das nicht ein »Dienst« für Gott, den Sie ihm tun? Wenn Sie Ihre Schritte zum Gotteshaus lenken, geht Ihnen dann nicht dies und das im Kopf herum: »Eigentlich sehr schön von mir, daß ich heute wieder so früh aufgestanden bin. Wie viele werden es sein, die heute morgen unter der Kanzel sitzen? Wie viele aus der Gemeinde mißachten den Ruf der Glocken? Ich bin jedenfalls dabei? Mit mir kann Gott rech- nen!« Haben Sie noch nie so gedacht? Auch nicht so ähnlich? Wie ist es damit: Ein Mitmensch ist in Not geraten. Sie bieten Ihre Hilfe an. Gewiß tun Sie zuerst diesem Menschen, was Sie an Bei- stand und Hilfe leisten. Für ihn setzen Sie sich ein, ihm gehen Sie zur Hand, um seinetwillen legen Sie sich krumm... Und was ist mit die- sem Gefühl ganz tief drinnen: »Mein Gott müßte jetzt doch auch mit mir zufrieden sein! Was ich nicht alles mache! Wie ich mich gerade für meinen Nächsten aufopfere! An mir hat der Herr der Christen aber einen wirklichen Diener seiner Sache!« Solche »Gefühle« und Gedanken hatten Sie noch nie? Und wenn, ist das denn schlimm? Ist das denn nicht allemal besser, etwas zu tun und so zu denken, als wenn wir uns das Geschick des Mitmenschen gar nicht mehr nahege- hen lassen? - Gewiß ist das besser! Aber warten Sie noch einen Au- genblick, bis Sie protestieren. Ein drittes Beispiel: Sie hören jetzt eine Andacht. Vielleicht lesen Sie überdies noch täglich die Losung und schlagen sogar hie und da die Bibel auf. Hatten Sie wirklich noch niemals einen Anflug dieses Den- kens: »Ich gehöre damit doch gewiß zu einer kleinen religiösen Min- derheit. Das machen nicht mehr viele heutzutage. Sicher wird sich Gott über mich freuen!« Jetzt ist Ihr Protest dran: Hier wird ja wirklich so getan, als dürfte man keine Freude mehr daran empfinden, wenn man sein Chri- stentum auch praktiziert und lebt. Wir sind doch Menschen! Wir ha- ben doch Gefühle und Gedanken, Gott sei Dank! Wissen Sie, warum ich diese Beispiele vor Ihnen ausgebreitet habe? Ich befürchte nämlich, wir vergessen immer mehr und mehr, wer ei- gentlich »dient« und wer sich »dienen« läßt. Nein, ich befürchte es längst nicht mehr... es ist schon eingetreten: Wir haben es vergessen! Darum möchte ich es heute einmal neu - in aller Deutlichkeit - sagen, und ganz persönlich: Für Sie, den Zuhörer, die Zuhörerin dieser Andacht, hat Jesus Chri- stus sein Leben gegeben. Ihnen hat er mit seinem Tod »gedient«, für Sie nämlich ist jetzt bei Gott alles gut geworden. Sie sind mit ihm im Reinen und können heute noch neu anfangen mit dem Hören auf sein Wort, mit dem Tun des Guten und der gelebten christlichen Praxis und - ja! - mit dem Kirchgang auch! Aber: Damit dienen Sie ihm doch nicht! Vor dem Hintergrund dessen, was unser Herr für uns ge- tan hat, kann es nichts mehr geben, was wir »Dienst« nennen können! Davor verblassen alle unsere Werke, alle unsere guten Taten und un- ser Stolz und unser Rühmen hoffentlich auch. Den einzigen »Dienst«, der im Leben und im Sterben zählt, hat Jesus Christus uns geleistet Das dürfen wir nicht vergessen! Sie fragen, ob Sie denn jetzt nicht weiter all das tun sollen, was Sie für Gott und Ihre Mitmenschen früher getan haben? Ei freilich! Aber es kann jetzt kein »Dienst« mehr sein, sondern nur noch Dank! Denn: Der Menschensohn ist nicht gekommen, daß er sich dienen lasse, sondern daß er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für vie- le!