Wochenspruch zur Woche nach dem So. "Invokavit":
Dazu ist erschienen der Sohn
Gottes, daß er die Werke des Teufels zerstöre. (l. Joh. 3,8 b)
Glauben sie an den Teufel? Vielleicht
geht es ihnen wie mir: Ich muß dazu immer an den schwarzen
Kerl mit Hörnern und Pferdefuß denken. So tritt er
ja in den Märchen immer auf. Wo er erscheint, lodern die
Flammen der Hölle. Geruch von Verbranntem liegt in der Luft,
Gestank nach Schwefel...
Gibt es so einen Teufel?
Bei all dem Schrecken, der sich mit dieser Gestalt
des Teufels verbindet, gibt es dabei nicht auch einen ganz anderen
Gesichtspunkt?: Ist das nicht auch recht praktisch, wenn ich sagen
kann, es gibt diesen Satan?
Denken wir doch einmal
an diese oder an jene Schuld, die wir auf uns geladen haben. Rufen
wir uns die Bosheit gegenüber unserem Nachbarn neulich in
Erinnerung. Reden wir von der schweren Sünde, die wir vor
Jahren begangen haben. Wenn es diesen Teufel gäbe, könnten
wir uns nun sehr gut entschuldigen: Das war ja nicht ich! Das
hat mir ein anderer eingegeben! Da bin ich vom Bösen überredet
worden!
Vielleicht machen ja nicht alle Zeitgenossen
heute den Teufel verantwortlich, wenn sie sich herausreden wollen,
aber sie wenden das selbe Prinzip an: Ich kann doch nichts dafür!
Ich bin doch nicht schuld! Das hat eine anderer auf dem Gewissen!
Ein Beispiel mag das verdeutlichen:
Da hat einer im Kaufhaus gestohlen. Eine aufmerksame
Verkäuferin hat es beobachtet und gemeldet. Die Polizei wurde
geholt, und der Dieb wird jetzt verhört. Ob er denn nicht
wisse, daß man nicht stehlen darf? Ob er seine Schuld denn
nicht bereue?
Der Dieb überrascht mit einer
anderen Sicht der Dinge: "Wenn da doch auch so viel herumliegt!
Wer kann denn dieser Versuchung widerstehen? Man wird ja geradezu
eingeladen, einfach zuzugreifen!" - Ich kann doch nichts
dafür! Das ist doch nicht meine Schuld! Da ist ein anderer
verantwortlich!
Nein, es gibt diesen Teufel nicht!
Es darf ihn nicht geben! Zu schnell weisen wir ihm unsere Verantwortung
zu! Zu leicht entziehen wir uns der eigenen Schuld - denn wir
sind das, wenn wir Böses tun, wir begehen die Sünde,
wir lassen uns verführen, wir gehorchen der Versuchung!
Nein, einen Teufel gibt es nicht, wohl aber seine Taten und seine Werke! Wir sind es, die sie tun!
"Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, daß er die Werke des Teufels zerstöre." Da ist also einer gekommen, der uns heraushelfen will aus all dem Bösen, das durch uns geschieht! Wie er das macht? Auf seine ganz eigene Weise: Er steht selbst gerade für das Böse in der Welt. Er liefert sich ihm aus. Er läßt sich von ihm Leiden und Kreuz auflegen und bleibt darunter bis ans Ende. Ja, er stirbt am Bösen - an der Schuld, die wir getan haben! So überwindet er unsre Bosheit. So macht er gut, was wir angerichtet haben.
In dieser Passionszeit, die gerade
begonnen hat, bedenken wir seinen Kampf und seinen Sieg über
das Böse. Er steht gerade für unsere Schuld. "Dazu
ist erschienen der Sohn Gottes..."
Wie das
nun unsere bösen Werke zerstört? Indem auch wir jetzt
zu unserer Schuld stehen. Indem wir sagen: Ich habe das getan!
Meine Sünde ist es! Niemand außer mir, ist dafür
verantwortlich! So kann er die Schuld wegnehmen. So kann für
mich wirksam werden, was er für mich und alle Menschen auf
sich genommen hat. So geschieht Vergebung und neuer Anfang. Wir
müssen unsere Schuld und Sünde nicht leugnen. Wir müssen
sie nicht wegschieben und die Verantwortung dafür einem anderen
zuweisen. Es gibt keinen Teufel, der unser Versagen entschuldigt.
Aber es gibt einen Herrn, der uns abnehmen kann, was wir ihm bringen.
Sprechen wir zu ihm: Hier ist
meine Schuld, Herr; ich habe sie auf mich geladen; sie reut mich
von Herzen; nimm du mir sie ab! Danke, Herr. Amen.