Andacht zum Wochenspruch Wochenspruch zur Woche nach dem So. "Exaudi": Christus spricht: Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen. (Joh. 12,32) Mit der »Himmelfahrt Christi« können heute viele Menschen nichts mehr anfangen. Die Bilder, die uns die Bibel dazu malt, helfen ihnen wenig: »Aufgehoben vor den Augen der Jünger«, »auf einer Wolke aufgefahren«, »hinweggenommen von ihren Blicken«... Wie soll das geschehen sein? Wie hat man sich das vorzustellen? Wer kann das mit seinem Verstand begreifen? Wir könnten es uns jetzt einfach machen: »Das kann man eben auch nicht begreifen - das muß man glauben!« Ich finde, das ist zu billig. Wir haben nunmal eine Vernunft, und die weigert sich, alles »gläubig« hinzunehmen. Und ist diese Vernunft nicht auch ein Geschenk Gottes? Darum gehen wir einmal anders heran: Wenn all die Bilder, die sich bei dem Begriff »Himmelfahrt« bei uns einstellen, nur den einen Sinn hätten, nämlich den: Jesus Christus ist jetzt bei seinem himmlischen Vater! Wäre das zu wenig? Würden wir damit entscheidende Glaubensinhalte aufgeben? Was aber läge positiv in diesem Gedanken: »Christus ist beim Vater«? Der Mensch Jesus von Nazareth, dessen niedrige Geburt wir an Weihnachten bedenken und feiern, wäre nicht bloß das Armeleutekind in der Krippe - er wäre Gottes Liebeserklärung zu den Armen und Geringen. Dieser Jesus, der seine 33 Lebensjahre über den unteren Weg ging, wäre keine in Schwäche und Ohnmacht gescheiterte Existenz, sondern das Bekenntnis Gottes zum Verzicht und zur Schwachheit der Güte, die man auch ablehnen kann. Dieser Mann aus Galiläa, der sich ans Kreuz schlagen ließ, wäre nicht irgendein Hingerichteter, sondern Gottes Leiden und Sterben für seine Menschen, daß sie die Wärme seiner Liebe spüren. Dieser Mensch Jesus, dessen Grab am Ostermorgen leer ist, wäre kein möglicherweise geraubter Leichnam, sondern auferweckt zu neuem Leben durch Gottes Macht über den Tod. Dieser Jesus, dessen rätselhafte »Himmelfahrt« wir in diesen Tagen bedenken, wäre dann keine Figur aus einer wunderhaften Auffahrtgeschichte, sondern heimgekehrt zu Gott, bestätigt und beglaubigt in allem, was sein Le- ben für uns ausmacht. - Das liegt darin, wenn wir sagen: Himmelfahrt bedeutet »Christus ist beim Vater«! Das kann man glauben. Damit kann man leben. Aber das sagt ja noch mehr! »Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen.« Das ist zwar wieder diese bildhafte Sprache, »erhöht von der Erde«, »zu mir ziehen«..., aber man kann auch hier hinter die Bilder schauen und begreifen: Wie Christus beim Vater ist, so werden auch wir einmal beim Vater sein! Wie seine Art zu leben und zu lieben von Gott angenommen und bestätigt wurde, so auch wir, wenn wir in Jesu Spur bleiben. Wir mögen unsere Schwierigkeiten mit den Bildern von der Himmelfahrt haben, eine Vorstellung von »oben« und »unten«, von »hoch« und »tief« haben wir uns bei aller Weltlichkeit bewahrt. Wir wissen, daß unsere Sorge um Habe und Verdienst von »unten« ist. Wir ahnen auch, daß uns von »oben« Vertrauen, Freude und Liebe zu den Mitmenschen geschenkt wurde. Daß uns der Hunger nach Macht, die Gier nach Vergnügen in die »Tiefe« ziehen, empfinden wir ganz genau. Und wir haben auch schon manchmal gespürt, wie frei und froh die Gedanken machen, die aus der »Höhe« kommen. Nein, das macht die Bilder nicht unverständlich. Oben und Unten, Hoch und Tief sind noch in Kraft. Darum lassen wir uns von unserer Vernunft nicht die ganze Himmelfahrt unseres Herrn verdunkeln! Wenn wir nur das stehenlassen und versuchen, diesem Wort nachzu- leben: Christus ist beim Vater - und er will uns zum Vater ziehen, heute schon in unserem Handeln der Liebe, das von oben bestimmt ist, später dann in einem ewigen Leben in der Höhe und Nähe des Vaters... Könnten wir mit einer solchen »Himmelfahrt« immer noch nichts anfangen?