Andacht zum Wochenspruch Wochenspruch zur Woche nach dem 10. So. n. d. Trinitatisfest: Wohl dem Volk, dessen Gott der Herr ist, dem Volk, das er zum Erbe erwählt hat! (Ps. 33,12) »Wohl dem Volk...» Dieses Wort führt uns leicht aus dem Bereich hinaus, in dem wir persönlich Einfluß haben. Ich bin kein Volk. Ich bin eine Person mit einem kleinen Lebenskreis. Ob wir diesen Vers da nicht auch so sagen dürfen: Wohl dem Menschen, dessen Gott der Herr ist, dem Menschen, den er zum Erben erwählt hat!? Bestimmt dürfen wir das! Was mir gefällt an diesem Wort? Es kommt so freundlich daher, so einladend: »Du möchtest doch ein gutes Leben führen? Du suchst doch Sinn und Freude, Aufgaben und Erfüllung? Dann lebe in der Beziehung mit deinem Gott! Es wird dir wohlgehen. Du wirst an allem Genüge haben. Du wirst am Ende einmal sagen können, es war gut mit diesem Gott durch die Zeit zu wandern!« Wir kennen das ja meist anders: Wenn du nichts leistest, dann hast du auch keine Lebensberechtigung! Wenn du nicht versichert bist, geht es dir dreckig! Wenn du keine Zeit und kein Interesse für deine Freunde aufbringst, werden sie dich fallenlassen. Alles hat seinen Preis, Nichts gibt es umsonst. Du mußt für alles bezahlen. So ist es das Gesetz dieser Welt. Glücklich, wer Ausnahmen davon erleben darf! Schlimm wird es, wenn wir dann nicht mehr unterscheiden können: Weil wir nur immer und immer erfahren, daß alles etwas kostet, alles bezahlt werden muß, halten wir auch Gott für einen Rechenmeister. »Wenn ich Gottes Hilfe brauche, muß ich ein paar Mark für Brot für die Welt springen lassen!« - »Wer sein Wohlwollen haben will, der muß es mit Wohlverhalten kaufen!« - »Wenn ich mich nie um Gott und seine Sache gekümmert habe, darf ich in der Not auch nichts erwarten.« Erst einmal: Das ist einfach nicht so! Wenn es so wäre, hätte uns dieser Gott schon längst von der Erde gefegt, endgültig. Keiner von uns könnte solchem Rechnen Gottes standhalten, keiner! Daß wir uns trotzdem an diesem Denken festklammern, hat mindestens zwei Gründe: Einmal eben entspricht es so unserer täglichen Erfahrung in allen Bereichen unseres Lebens, als Arbeitnehmer, als Bürger, selbst als Familienmitglied und als Freund. Und dann: Dieses Denken erspart uns das Danken! Was wir erwerben, dafür haben wir bezahlt! Umsonst nehmen wir nichts. (Was haben wir neulich für ein Theater gemacht, als uns die Nachbarin den Eimer Kirschen vorbeibrachte - und nichts dafür haben wollte!) Wollen wir nicht einfach einmal zur Kenntnis nehmen, daß unser Gott nicht rechnet wie wir? Oder - und das ist die einzige denkbare Alternative: Bezahlen wir ihn für unser Leben, für das Glück, für unsere Talente, für die Freude, die wir haben, für unser Auskommen, für die Tage, die wir erleben dürfen - für alles! Das können wir nicht? - Eben! Aber wir können unterscheiden lernen zwischen dem Gesetz dieser Welt und der Freundlichkeit Gottes. Und noch mehr können wir: Nach Kräften in allen Bereichen, in denen wir wirken, die Freund- lichkeit Gottes weitersagen und weitertragen! Ein schöneres »Dan- ke« könnte ich mir nicht Vorstellen. »Wohl dem Volk«, »Wohl dem Menschen«, »zum Erbe erwählt«, begabt, begnadet, beschenkt... Was für ein freundlicher Gott! Wie zuvorkommend er uns doch begegnet! Womit habe ich das verdient? - Werde ich zukünftig noch »rechnen« können?