Meine Stellungnahme zum Bericht des Kirchenpräsidenten: Sehr geehrter Herr Kirchenpräsident, zu Ihren Bericht will ich in drei Punkten Stellung nehmen: 1. Ich freue mich über die Klarheit Ihrer Aussagen zur Patchwork –Religion und stimme Ihnen zu. Sie machen hier mit Recht die Problemanzeige, dass unsere kirchliche Verkündigung auf die damit verbundenen thematischen Verschiebungen offensiv zu regieren hat, damit unser christlicher Glaube nicht die Kraft verliert, in den Wechselfällen des Lebens zu bestehen. Sehr erfreulich finde ich, dass sie den gesellschaftlich üblichen Kotau vor Dalai Lama und dem Buddhismusverschnitt unserer Tage nicht mitmachen. Wobei Sie selbstkritisch zugeben müssen, dass es ja gerade das „Kirchentagsmilieu“ ist, das sich hier als besonders anfällig erweisen hat. 2. Zu Ihrer Analyse der Ortsgemeinde habe ich die kritische Anfrage: Reden Sie den Patienten Ortsgemeinde in seiner Bedeutung und Leistungsfähigkeit nicht einseitig krank, um dann als starke Therapie die „Mittlere Ebene“ anzubieten? Wird in Ihrem Bericht nicht mit stark vereinfachenden Mustern das Klischee der sozial sich abschließenden und darum „versekteten“ Ortsgemeinde aufgebaut, der nun die weltoffene, milieuüberschreitende Mittlere Ebene beibringt, was wahre Kirche ist? Den Inbegriff der sozialen Selbstabschließung der Ortsgemeinde beschreiben Sie als „Familiarisierung der Ortsgemeinde“. Doch ist nicht die Familie mit Recht ein biblisches Bild für Kirche und Gemeinde eben als „familia dei“? Vor genau zwei Jahren hat sich die Landessynode mit den Thema Familie beschäftigt. Die Referentin des zentralen Vortrags führte damals aus, dass die Zukunft der Gemeinde in ihrer Familiarisierung liege. Bei den vielen schrumpfenden und zerbrechenden Klein-Familien, die keinen gemeinsamen Esstisch als Lebens- mittelpunkt mehr haben, müsse die Ortsgemeinde der Ort sein, in der dieser Familientisch zu finden ist. Damals fand diese Analyse die große Zustimmung der Synode. Nun hört man in Ihrem Bericht mit Erstaunen, dass die Familiarisierung der Ortsgemeinde der Verlust ihrer sozialen Kompetenz und damit der Inbegriff ihrer Versektung sei. 3. Ja die Ortsgemeinde ( und nicht nur diese! ) ist ein Patient gewiss, und ihre Gesundung ist unser großer Wunsch. Doch geschieht ihre Gesundung bestimmt nicht dadurch, dass wir sie wesentlich auf ihre Defizite festlegen, sondern umgekehrt gerade dadurch, dass wir das Potential an Gesundheit entdecken und fördern, das Jesus Christus, der HERR der Kirche, durch den Heiligen Geist schon in sie gelegt hat. So wie es Paulus im Galaterbrief 4, 28 tut, wenn er die Gemeinde, die sich durch den Glauben an Jesus Christus, durch die Taufe auf Seinen Namen und die gemeinsame Teilhabe am Gottesdienst begründet, in ihrem Wesen beschreibt: „ Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau, denn ihr seid allesamt eins in Jesus Christus.“ In dieser Wesensentdeckung der Gemeinde liegt die Kraftquelle zur Gesundung der Ortsgemeinde, die das Ghetto der Milieuver-engung verlässt und so im besten Sinne als familia dei zur missionarischen Gemeinde wird.