Leserbrief zum "Standpunkt": Mit neuer Größe zu alter Größe, von Volker Rahn

( Ev. Sonntagszeitung Nr. 39, 26. September 2004)

Es gibt außer der "Härte" und der "Eile" beim neuerlichen "Vorpreschen" der "Darmstädter Kirchenzentrale" in Sachen Strukturreform, von der Volker Rahn schreibt, ein weiteres, bisher noch völlig unbesprochenes und scheinbar unbeachtetes "Problem" der geplanten Halbierung der Anzahl der hessen-nassauischen Dekanate: Die Tatsache nämlich, dass neben den schon fusionierten Dekanaten einige Dekanats-Arbeitsgemeinschaften in der EKHN existieren. (Diese "Kirchlichen Arbeitsgemeinschaften" sind freiwillig zusammenarbeitende Verbindungen von weiterhin selbständigen Dekanaten mit eigener "Verfassung", eigenen Synoden, eigenem Dekan, daneben aber einer Gesamtsynode, sowie einem Geschäftsführenden Ausschuss der AG.)

Den Dekanats-AG's wurde noch vor Jahren von der Kirchenleitung der EKHN zugesichert, dass ihr freiwilliger Zusammenschluss genau so gewertet und behandelt wird, wie eine Dekanatsvereinigung, wie man die Fusionen von Dekanaten heute nennt (- was eindeutig besser klingt!).

Nach einem Landessynodenbeschluss von 1997, den im Jahr 2004 kaum einer mehr kennt, geschweige denn, dass einer auf seine Erfüllung pocht, sollen jetzt also die AG's von Dekanaten in Dekanatsvereinigungen aufgehen.

Die Kirchliche Arbeitsgemeinschaft Grünberg/Kirchberg/Hungen z.B. war die erste dieser AG's und sozusagen ihre Erfinderin. Die Synodalen dieser AG haben vor Jahren ganz bewusst keine Fusion ihrer drei Dekanate gewollt. Vielmehr war die von der Kirchenleitung immer wieder beschworene "Nähe der Kirche zu den Menschen" das sie leitende Interesse. Es sollte innerhalb der AG bei den bewährten Strukturen mit ihren gewachsenen Aufgabengebieten z.B. für die haupt- und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen bleiben!

Noch einmal: Es war dieser Kirchlichen AG aus drei Dekanaten von der Darmstädter Kirchenzentrale zugesichert worden, dass sie ein der Fusion gleichberechtigter Zusammenschluss von Dekanaten sein darf und das auch in aller Zukunft bleiben kann.

Jetzt müssen die Synodalen dieser und anderer AG's der EKHN erkennen, dass diese Zusicherung nur wenige Jahre gehalten hat, merkwürdigerweise genau bis zu dem Zeitpunkt, an dem neue Dekanatsynoden mit vielen neuen, unerfahrenen Mitgliedern die Arbeit aufgenommen haben, die von der früher gemachten Zusage wenig bis gar nichts wissen.

Auf der Strecke bleiben wird das Vertrauen der Synodalen in das Wort ihrer Kirchenleitung, außerdem die "Nähe der Kirche zu den Menschen". Und das - wie viele vermuten - ausschließlich eines noch nicht belegten und auch nicht belegbaren Sparpotentials wegen. Dabei entstehen Dekanatsvereinigungen, in denen unter nur noch einem Dekan Gemeinden bzw. Gemeindeglieder von zwei, drei oder mehr Dekanaten zusammengeschlossen werden, deren Kirchtürme bis zu 50 km auseinander liegen (z.B. Wölfersheim, Dekanat Hungen - Unter-Seibertenrod, Dekanat Grünberg).

Entfremdet hier nicht eine Kirche ihre Noch-Mitglieder von sich selbst? Ist nicht, was hier vielleicht zum Nutzen ihrer Verwaltung geschehen soll, ein willkürlicher Abbruch gewachsener Traditionen und ein Verlust von lebens- und glaubenswichtigen persönlichen Beziehungen? Sind also Dekanatsvereinigungen in der geplanten Größenordnung nicht zum Schaden der besten Sache dieser Welt: der Verkündigung des Herrn Jesus Christus?