Aus Frankfurter Rundschau vom 24.12.2003 – „Leserbriefe": Zuerst sich selbst DIE EVANGELISCHE KIRCHE IN HESSEN UND NASSAU WILL DIE GEHÄLTER IHRER FÜHRUNGSKRÄFTE ERHÖHEN (FR VOM 2. DEZEMBER). Ist es nicht typisch für Personen, die an Geldsammelstellen verantwortlich die Beitrags- zahlungen anderer Menschen zu verwalten haben - ob Religionsgemeinschaften, Vereine, Verbände, so genannte gesetzliche Versicherungen, politische Parteien, öffentliche Verwaltungen et cetera — dass diese sich zuerst einmal sich selbst üppig alimentieren, dann erst das Fußvolk und dann erst den Zweck und das Ziel der Gruppe verfolgen? INGEBORG BURCK, BAD HOMBURG Man reibt sich die Augen und fasst es nicht, man liest es noch einmal und fasst es immer weniger: Es gibt in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau offensichtlich 110 wichtige Personen, die in Relation zu ihrer Wichtigkeit nicht „angemessen" bezahlt werden und deshalb im Durchschnitt etwa 2000 Euro mehr Gehalt haben müssen, während bei Personen minderer Wichtigkeit, wie bei allen normalen Leuten, gekürzt wird. War Christus unterbezahlt oder wurde und wird er seinem Rang entsprechend angemessen honoriert? Hat Franz von Assisi darüber räsoniert, dass er eigentlich besser angesehen und entlohnt sein müsste? Viele Jahre lang hat man all die Wunderlichkeiten der Kirchenoberen kopfschüttelnd hingenommen, ohne Konsequenzen zu ziehen. Jetzt aber wird es ernst. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, dass man sich mit Freunden und Kollegen darüber verständigt, eine solche Kirche, die sich wie Fraport verhält, scharenweise zu verlassen und ihr Bonzengehabe nicht länger mit der eigenen Kirchensteuer zu honorieren. Es ist weitaus angebrachter, den Betrag der bisherigen Kirchensteuer gleich an solche Helfer zu geben, die sich nicht mausig machen und vor dem Spiegel Locken drehen; die gibt es in der Tat weiterhin. Warum sollte ich mit meiner Steuer die Gehaltseitelkeiten von Personen finanzieren, die sich ohne mehr Geld nicht ausreichend geachtet vorkommen? Wo bleibt bei dieser Argumentation das Selbstwertgefühl der vielen, die Ehrenamtlich ihre Kräfte in sozialen Diensten verzehren? Es gibt im Neuen Testament genügend Hinweise darauf, was die zu tun haben, die sich selbst für groß und wichtig halten: Sie sollen sich bücken, sie sollen niederknien und den Geringen die Füße waschen und sich an den Tischen dieser Welt auf die unteren Stühle setzen, sie sollen dienen und sich nicht selbst bedienen. PROF. DR. KLAUS JEZIORKOWSKI, DREIEICH