Wie schon in Sachen "Wartestand" bin ich auch hier persönlich Betroffener, denn in gewisser Weise ist der Wartestand ja auch schon ein Ruhestand! Außerdem dürfte diese letzte "Dienst"-Phase für mich ja noch im Jahr 2005 beginnen. Obgleich ich also durchaus schon die eine oder andere Schmach dieser für dünnfelligere Pfarrpersonen (überdies dann, wenn sie lange noch nicht im Pensionsalter sind!) schwierigen, weil unwiderruflich letzten Periode des Pfarrerlebens, erfahren habe, will ich mich bemühen, objektiv und gerecht zu bleiben. Ich werde also jetzt nicht mit Elle und Schere in der Hand und einer kleinen Applikation für den linken oder rechten Beffchenzipfel unter der Nadel mein Mütchen an denen kühlen, die im Gegensatz zu mir noch im aktiven Dienst stehen, was - um einen Vergleich aus einem anderen kirchlichen Arbeitsbereich zu bemühen - dem Unterschied zwischen einem Kirchendiener mit der Lizenz für den gemeindlichen Generalsschlüssel und dem Jungscharleiter mit der Erlaubnis, einmal pro Woche den Jugendraum im Keller zu öffnen und nach der Gruppenstunde pünktlich wieder zu verschließen, gleichkommt.

Aber hier ein paar böse Erfahrungen, die einen Ruheständler zermürben können, wenn es ihm nicht gelingt, sich einen neuen - von aktiven Kirchenleuten unabhängigen - Wirkungskreis aufzubauen:

- Du bist zwar nicht mehr an den kirchlichen Dienstweg gebunden, deine Briefe an KL bzw. KV werden allerdings auch in den meisten Fällen nicht mehr beantwortet.
- Du hast in den kirchlichen Pfarrblättern kein wirkliches Recht mehr, dich zu äußern. Das wurde vor Jahren auch von einem aktiven Kollegen in einem Pfarrblatt sinngemäß so angesprochen: "Die Ruheständler sollen endlich das Maul halten, ihre Zeit wäre schließlich um!"
- Die meisten Mitglieder des Pfarrkonvents, dem du vielleicht 25 Jahre lang angehört hast, kennen dich schon am Tag nach deinem Dienstende nicht mehr und gehen im Begegnungsfall auf der Straße an dir vorbei wie Priester und Levit an dem unter die Räuber Gefallenen.
- Wenn du dich aus Krankheitsgründen in den vorzeitigen Ruhestand verabschieden musstest, dann wird dich auch von denen, die du zu deinen Freunden gezählt hast, keiner je anrufen und nach deinem Gesundheitszustand erkundigen. (Man ist ja schließlich nicht dein Seelsorger!)
- Solltest du einmal in regem Brief-, Telefon- oder Emailverkehr gestanden haben, so wirst du als Kollege im Ruhestand spüren, wie sich nach und nach alle von dir abwenden, nicht wie versprochen zurückrufen, deinen Brief ignorieren und deine Mail ohne Antwort lassen. Du gehörst nicht mehr dazu! Dein Rat wird nicht mehr gebraucht. Deine Gaben will keiner mehr eingebracht sehen, schon gar nicht in "seiner" Gemeinde - allenfalls in Gottesdiensten an 2. Feiertagen, wenn nun wirklich kein Prädikant oder Lektor aufzutreiben gewesen ist.

Um hier endlich klare Verhältnisse zu schaffen, rege ich heute "Beffchen für Ruheständler" an. Anders als im Fall der übrigen über 20 Beffchenseiten sollen dies keine Laschenkragen sein, die wir Ruheständler für uns selbst fordern und beschaffen. Vielmehr wünschte ich mir, dass die Kirchenleitungen den in den Ruhestand tretenden PfarrerInnen am Tag des Beginns ihrer letzten Dienstphase auch das angemessene, dem veränderten Stand und den von außen noch zugestandenen dienstlichen Aufgaben entsprechende Beffchen verordnen und "verleihen".
Hierfür habe ich heute drei Vorschläge zu machen. 

Mein heimlicher Wunsch ist es dabei, dass diese Ruhestandsbeffchen wenigstens bei den Gemeindegliedern das hervorbringen, was ihre Applikation verheißt bzw. wozu sie ermutigt. Hier nämlich tut sich in Zeiten von Pfarrermangel und Gemeindekürzung ein weites Arbeitsfeld für die auf, denen - auch im Ruhestand - die Sache Jesu Christi in der Welt Herzensangelegenheit ist und gegen manche Entmutigung durch die Aktiven bleibt.

Im Übrigen empfehle ich jedem, der das Tor zur dienstlichen Ruhe durchschreitet, dass er sich eine Aufgabe sucht, in der er nur durch den Geist seines Herrn beauftragt, ohne irgendwelche Verantwortlichkeit gegenüber weltlichen Kirchlern, nur im Gegenüber mit und zum Wohle der anderen einfachen Christen sein geistliches Amt ausüben kann. 

Beffchensammlung - Seite 23 - Beffchen für Ruheständler

Ps. 50,15 Rufe mich an in der Not ...
Uns Ruheständler kann man jederzeit anrufen und ansprechen.


 

Koh. 3,1 Alles hat seine Stunde.
Auch für ein Gespräch lässt sich eine Stunde finden. Wir Ruheständler haben Zeit und wir teilen sie mit denen, die sie nötig haben.
Ps. 130,2 Herr, höre meine Stimme.
Zunächst will ich einmal hören, was du zu sagen hast. Wir Ruheständler wenden uns den Menschen zu - ohne Zeitdruck und ohne Vorbehalte.
     

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